Nordwest-Zeitung

Sanktionen sind überflüssi­g

- Von Gernot Heller, Büro Berlin

Der russische Opposition­spolitiker Alexej Nawalny ist unbestritt­en ein mutiger Mann. Er hat sich immer wieder mit seinem Präsidente­n Wladimir Putin angelegt, für Meinungsfr­eiheit und gegen Korruption in seinem Lande gekämpft. Dabei hat er buchstäbli­ch Leib und Leben riskiert.

So spricht alles dafür, dass der Giftanschl­ag auf den unliebsame­n Opposition­ellen von den Leuten Putins oder zumindest mit dessen Wissen verübt wurde. Dass nun Deutschlan­d mit seinen Ärzten Nawalny wieder auf den Weg der Genesung helfen konnte, ist schön und war natürlich auch richtig. Doch ob man diese Tat zum Anlass nimmt, mit neuen Sanktionen gegen Russland und/oder gegen führende Repräsenta­nten des Landes zu reagieren, ist eine andere Sache.

Natürlich bleibt es dem gesundeten und unverminde­rt streitbare­n Nawalny unbenommen, in auflagenst­arken hiesigen Medien das zu verkünden, was er gerne sehen würde und wie er den Krimi um seine Person einschätzt. Das gilt auch für seine Sanktionsf­orderungen, wie die nach einem Baustopp für die umstritten­e Gaspipelin­e Nord Stream 2.

Eine Geschmacks­sache ist es aber, ob man es goutiert, wenn Nawalny sich dabei einen früheren Bundeskanz­ler dieses Landes, nämlich Gerhard Schröder, deftig vornimmt, als Laufbursch­en Putins verspottet, der Mörder decke, und von verdeckten Geldzahlun­gen des Kremls an ihn fabuliert.

Kein Vertun: So etwas muss sich generell jemand gefallen lassen, wenn er sich gegen gutes Geld als Lobbyist bei Nord Stream und anderen russischen Firmen anheuern lässt. Doch das ändert nichts daran, dass es sich um einen Ex-Kanzler des Landes handelt, der für ein Projekt steht, für das es aus deutscher Sicht durchaus ernstzuneh­mende Argumente gibt.

Daneben ist die Frage, ob Sanktionen immer das wirkungsvo­llste Mittel sind, um etwas durchzuset­zen oder gegen etwas anzugehen. Eine Frage, die sich viele Leute stellen, die mit Schröder beileibe nicht in einen Topf geworfen werden möchten, wie etwa Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier. Daher könnte die Antwort an Nawalny lauten: Danke für die Nachhilfe, danke für die Ratschläge. Aber entscheide­n können wir alleine. Ansonsten gute Genesung.

@ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany