Ab Ende Oktober wird freigemessen
Erster Abfall kommt in der zweiten Jahreshälfte 2021 in den Wertstoffkreislauf
Kleinensiel – Corona verzögert den Rückbau des Kernkraftwerks Unterweser (KKU) nicht. Ende Oktober soll der erste Abfall aus dem radioaktiv belasteten Kontrollbereich freigemessen werden, kündigt Kai Tscheschlok an, der Gesamtprojektleiter für das Reststoffbehandlungszentrum (RBZ).
■ 17 Millionen Euro
Das RBZ – rund 17 Millionen Euro teuer – ist eine Art Karussell, auf dem jedes Stück Reststoff nur eine Runde drehen darf. Dabei verändert es sich von „schmutzig“, also radioaktiv belastet, zu „sauber“, also weitestgehend frei von Radioaktivität. Unterwegs läuft das Stück verschiedene Stationen an. Insgesamt gibt es ihrer zwölf, aber kein Reststoff läuft alle an.
Schon betriebsbereit sind die drei Materialaufzüge. Der erste fährt abwärts: Aus 16 Metern Höhe gleitet er in der Betonkuppel mit dem Abfall in den Ringraum, der zwei Meter unter Normalnull liegt. Das RBZ füllt den größeren Teil des Raums aus. Der zweite Materialaufzug fährt die gesäuberten Reststoffe auf sechs Meter Höhe – das ist über der angenommen maximalen Fluthöhe – zur Orientierungs- und Freimessung; dann geht es noch einmal sechs Meter runter auf den Hof.
■ Druck: 300 bar
Im Ringraum wird der Abfall kreislauffähig gemacht. Die ersten Stationen sind schon betriebsbereit – oder sie werden es in den nächsten Wochen sein. Neben der mechanischen Nachzerlegung, bei der das Zeug zerkleinert wird, sind es die vier Reinigungsstationen. Da ist zunächst die Nassstrahlanlage – zwei geschlossene Kammern, in denen jeweils ein Mitarbeiter im fremdbeatmeten Schutzanzug die Stoffe mit einem Wasserhochdruckreiniger säubert. Der Druck kann bis auf 300 bar erhöht werden. Das Wasser wird anschließend in Filteranlagen und einem Verdampfer gereinigt, bevor es in die Weser abfließt. Die Schadstoffe kommen ins Zwischenlager Luna für schwach- und mittelradioaktives Material.
Was dann noch nicht sauber ist, rollt in die Kammerstrahlanlage. Das ist ein 3 Meter hoher und vier Meter breiter Stahlkasten, in dem ein Mitarbeiter im fremdbeatmeten Schutzanzug Stahlkies auf die Stoffe strahlt – und zwar mit einem Druck von bis zu 10 bar. Nächste Station: die beiden Handstrahlanlagen. Sie sind schon in Betrieb. Auch hier pusten Mitarbeiter Stahlkies mit einem Druck von bis zu 10 bar auf die Stoffe. Es folgt die Muldenbandstrahlanlage, eine Art Waschmaschine, die kleine und kleinste Teilchen im Haufen umwälzt und ebenfalls mit Stahlkies bestrahlt.
■ Asbest entfernen
Erst im nächsten Jahr gehen vier der fünf Zerlege- und Zerkleinerungsstationen in Betrieb. Sie werden noch nicht gebraucht, denn bislang fällt vor allem Stahlschrott an – von Rohren über Pumpen bis zu Armaturen. 2021 müssen dann auch Betonblöcke und Kabel weiterverarbeitet werden. Dazu werden ein Betonbrecher, eine Betonnachbehandlung, ein Kabelschredder – Kupfer wird wiederverwendet – und eine Asbestkonditionierung gebraucht.
Vor der Freimessung kommt die Orientierungsmessung. Sie zeigt an, ob das Material sauber genug ist, um freigemessen zu werden. Wenn nicht, geht es zurück ins RBZ. Wenn doch, wird es von einer Mulde, das ist ein Stahlkasten, in eine Gitterbox verfrachtet und kommt zur Freimessung.