Was man als Risiko-Reisender so erlebt
Schnelltest auf Flughafen klappt nicht – Posse um Rückkehrerkarten – Keine Infos im Flugzeug
Viele Menschen bangen vor ihrem Urlaub, ob die Reise überhaupt stattfinden kann. Ich hatte Glück. Ich konnte im September ins damals noch risikofreie Portugal fliegen.
■ Die Reisewarnung
Kaum hatte ich am Strand etwas entspannt, erreichte mich eine Whatsapp von einem Bekannten aus der Heimat. Ob mein Urlaubsort jetzt Risikogebiet sei, wollte er wissen. Ein Blick auf die Seite des RobertKoch-Instituts (RKI) wies den „Großraum Lissabon“als Hotspot aus. Doch gehört man 50 Kilometer entfernt von der Hauptstadt in einem 400-Einwohner-Küstenkaff überhaupt dazu? Zwei Tage später war ich schlauer. Das RKI sprach nun von der Metropolregion Lissabon. Mein menschenleerer Strand wurde mit den problematischen Hochhausvororten der Metropole in einen Topf geworfen.
■ Der Rückflug
Nun war ich also Risiko-Reisender. Das bedeutet: Quarantäne und Test nach der Rückkehr. Um das möglichst schnell hinter mich zu bringen, meldete ich mich vorab online zum Test am Flughafen München an. Da könnte ich dann während des Wartens auf den Weiterflug nach Bremen schnell mal einen Abstrich machen lassen, so der Plan. Doch es kam völlig anders. Im angeblich so gut organisierten Bayern weiß nämlich die linke Hand nicht, was die rechte tut oder der Söder herumposaunt.
Im Flugzeug gab es keine Info-Zettel mit Anleitungen, wie sich der rückkehrende Reisende zu verhalten habe. Ich hatte das zwar vorher im
Internet gelesen. Aber macht das jeder Urlauber? Und was ist mit Geschäftsreisenden aus Brasilien, Portugal oder sonst woher?
Statt Infos gab es Zettel zum Ausfüllen. So ähnlich wie beim Friseur oder im Restaurant. Die „Einreisekarten“sollen dann an die zuständigen Gesundheitsämter am Wohnsitz geschickt werden. Die können dann – wenn sie Zeit und Lust haben – mutmaßliche Schummler ausfindig machen. So weit die Theorie.
In München müssen Jets mit Risiko-Reisenden üblicherweise auf eine Außenposition. Reihe für Reihe mit reichlich Abstand dürfen wir aussteigen – und dann in einen Bus einsteigen. Mit Maske, aber nun ohne ausreichenden Abstand. Der Bus stoppt vorm Terminal. Dort sorgen dann zwei Flughafen-Mitarbeiter mit Bordkarten-Scannern für den nächsten Stau und noch
Zusammenrücken.
■ Das Test-Center
Wo es zum Corona-Test geht? „Keine Ahnung“, so die lapidare Antwort. Wir erfahren nur, dass Reisende mit Anschlussflügen links die Treppe hinauf müssen. Hinweis-Schilder zum Test-Zentrum sehe ich keine. Also mal nett beim Lufthansa-Info-Schalter gefragt. „Hier im Terminal nicht“, weiß der Mann zumindest. Wo dann? „Keine Ahnung. Das ändert sich eh alle zwei Tage“, sagt er. Ähnlich kompetent geht es am nächsten InfoSchalter zu. Hinweisschilder zum Test-Center finde ich im Terminal keine. Dann mache ich den Test eben daheim. Denn auf dem Zielflughafen in Bremen hat man das Testcenter schon vor Wochen geschlossen. Immerhin halten Zöllner die staatliche Ordnung aufrecht und fragen nach „anmeldepflichtigen Waren“.
■ Die Quarantäne
Am nächsten Vormittag geht
es zum Hausarzt zum Test. Das Gesundheitsamt wird auch ordnungsgemäß kontaktiert. Weshalb ich erst mal Stubenarrest habe. Quarantäne bedeutet: man darf nicht das Grundstück verlassen. Zwar hat jeder Schwerverbrecher Anspruch auf eine Stunde Hofgang am Tag. Reisende aus Lissabon aber nicht. Selbst ein nächtlicher Waldspaziergang ist verboten. Es sei denn, ich hätte einen Hund. Zum Tierwohl gehört nämlich regelmäßiges Gassi-Gehen. Ob Herrchen dann weniger ansteckend ist?
■ Das Gesundheitsamt
Gleichwohl läuft es im Ammerland deutlich professioneller in Sachen Corona. Nach etwa 30 Stunden ist das – negative – Testergebnis da. Um 17.30 Uhr schicke ich es ans Westersteder Gesundheitsamt, noch am selben Abend kommt die Mail mit der offiziellen Entlassung aus der Quarantäne.
Meine Einreisekarte aus München ist zu diesem Zeitdichteres
punkt noch nicht im Ammerland gelandet.
■ Das Fazit
Mit so einer dilettantischen Corona-Bürokratie müssen wir uns nicht über steigende Zahlen und abnehmende Akzeptanz der Bürger wundern. Wäre ich Corona-positiv gewesen, hätte ich reichlich Viren quer durch die Republik streuen können. Und vier Tage nach dem Flug hat man nur die Einreisekarte meiner Frau von München nach Westerstede geschickt. Mal sehen, wann meine kommt. Übrigens weiß das Land Niedersachsen nicht einmal, wie viele Menschen aus Risikogebieten einreisen. Im Ammerland haben sich in den vergangenen Monaten immerhin 350 Personen beim Gesundheitsamt gemeldet. In Risikogebieten waren aber vermutlich deutlich mehr.
Von einem Staat, der Freiheitsrechte der Bürger beschneidet, erwarte ich echte Schnelltests bei der Einreise und lebensnahe Verordnungen.