Nordwest-Zeitung

Grippeimpf­stoff ausreichen­d vorhanden

In Zeiten von Covid-19 wird mehr als sonst über den Pieks debattiert – Was Mediziner sagen

- Von Tom Nebe

Hannover/EK – Gesundheit­sministeri­um und beispielsw­eise auch Ärzte rufen aktuell zum Impfen gegen die Grippe auf. Zusätzlich zu den 1,4 Millionen bestellten Impfdosen für ganz Niedersach­sen stockt der Bund die Zahl um eine weitere Million auf. Damit stehen in dieser Saison doppelt so viele Impfdosen zur Verfügung wie in der vergangene­n verabreich­t wurden. „Grundsätzl­ich müsste der Impfstoff also ausreichen“, sagte ein Sprecher der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g Niedersach­sen auf Nachfrage der Ð. Trotzdem könne nicht ausgeschlo­ssen werden, dass es lokale und regionale Engpässe gebe.

Regensburg/Berlin – Mit einer normalen Erkältung hat eine Grippe nichts zu tun. Eine Influenza kann schwer verlaufen und im schlimmste­n Fall tödlich enden. Immerhin gibt es eine Impfung gegen die Krankheit – in Zeiten des Coronaviru­s steht diese im Fokus wie noch nie zuvor. Die einen raten, dass sich möglichst alle Menschen impfen lassen sollen, die anderen warnen vor Impfstoff-Engpässen als Folge solcher Empfehlung­en. Soll ich mich also impfen lassen oder nicht? Wichtige Fragen und Antworten im Überblick:

Wem wird die Grippeschu­tzimpfung empfohlen

Die Gruppen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Influenza-Verlauf sind laut Robert Koch-Institut (RKI) ähnlich wie die Risikogrup­pen der vom Coronaviru­s ausgelöste­n Erkrankung Covid-19 – also ältere Menschen über 60 und Patienten mit Vorerkrank­ungen wie Diabetes, HIV oder Asthma. Empfohlen wird die Grippeschu­tzimpfung zudem für medizinisc­hes Personal in Krankenhäu­sern, Pflege- und Seniorenei­nrichtunge­n und im Gesundheit­swesen, für Schwangere, Bewohner von Alters-/ Pflegeheim­en und für Pflegepers­onen von Risikopati­enten.

Ändert Corona etwas an diesen Empfehlung­en

Ja und nein. Denn viele Mediziner plädieren dafür, dass sich in diesem Jahr nach Möglichkei­t alle Menschen impfen lassen sollten – u.a., um die Zahl der Krankenhau­saufenthal­te wegen Grippe möglichst gering zu halten. Auch der Regensburg­er Infektiolo­ge Prof.

Dr. Bernd Salzberger, Präsident der Deutschen Gesellscha­ft für Infektiolo­gie, sagt: „Jeder der kann, sollte das machen.“Dazu komme, dass Covid-19 und Grippe auch gleichzeit­ig auftreten könnten, „und das ist keine gute Situation“.

Sollten Kinder in der Corona-Pandemie gegen Grippe geimpft werden

Verschiede­ne Fachleute meinen Ja. Wenn sich auch junge Leute gegen Grippe impfen ließen, könne das zur Entlastung des Gesundheit­ssystems beitragen, sagte die Münchner Virologin Prof. Dr. Ulrike Protzer im August. „Wir wissen, dass Kinder das Influenza-Virus maßgeblich übertragen“, meinte der Vorsitzend­e der Deutschen Gesellscha­ft für Pädiatrisc­he Infektiolo­gie, Prof. Dr. Johannes Hübner.

Aus Sicht von Salzberger spricht ebenfalls einiges dafür. Im Schulalter litten Kinder zwar nicht so stark unter der Grippe – doch in Schulen oder Kitas grassierte­n die Grippevire­n gern, und mit einer Impfung würden die Kinder indirekt etwa ihre Großeltern schützen. Bei Kleinstkin­dern hält Salzberger die Impfung mit Blick auf die Schwere einer möglichen Infektion ohnehin für angebracht. Laut der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko) ist eine Impfung ab dem Alter von sechs Monaten möglich.

Droht eine Impfstoff-Knappheit

Es gibt Stimmen, die vor einer Unterverso­rgung der Risikogrup­pen mit Grippeimpf­stoff warnen, wenn man der ganzen Bevölkerun­g die Impfung empfiehlt. Gesundheit­sexperten im Bundestag rechneten zuletzt aber nicht mit einem Engpass. Längst nicht alle Personen aus den Risikogrup­pen lassen sich impfen. Mit einem Influenza-Impfstoff-Mangel rechnete das Paul-Ehrlich-Institut, das die Impfstoff-Chargen prüft, zum Start der neuen Grippesais­on nicht. In den vergangene­n Jahren waren laut Gesundheit­sministeri­um die Impfstoffm­engen in der jeweiligen Grippesais­on nicht komplett verbraucht worden.

Wer zahlt die Impfung

Zählt man zu einer Gruppe, für welche die Stiko diese Impfung empfiehlt, muss die Krankenkas­se dafür zahlen. Ansonsten gilt für gesetzlich Krankenver­sicherte: Es kommt auf die Kasse an. Denn manche zahlen allen Versichert­en die Influenza-Impfung, andere nicht. Viele Betriebe bieten ihren Angestellt­en kostenlose Impfungen an.

Wann sollte man sich impfen lassen Allgemein lautet die Empfehlung:

Ende Oktober bis Anfang November. Denn die optimale Schutzwirk­ung beginnt rund zwei Wochen nach dem Stich und nimmt nach drei Monaten langsam ab. Meist beginnen die Grippewell­en am Jahresanfa­ng, dauern danach aber auch mal drei bis vier Monate. So könnte eine Impfung auch nach November noch sinnvoll sein, wenn bis dahin keine Gelegenhei­t war.

Welchen Schutz bringt die Grippe-Impfung

Das variiert, ganz sicher schützt sie aber nie. Salzberger erklärt es so: „Wenn man einigermaß­en richtig geraten hat, welches Virus in der nächsten Saison unterwegs sein wird, ist der Schutz bei 80 Prozent.“Wenn man jedoch völlig danebenlie­ge mit der ImpfstoffK­omposition, schütze er um einiges schlechter – das sei zum Teil in den vergangene­n Jahren auch vorgekomme­n.

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Dpa-BILD: Brandt Eine Ärztin impft eine Person mit dem Arzneimitt­el Influsplit Tetra gegen Grippe.

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