Nordwest-Zeitung

Corona nur eine Sorge von vielen

Mehrere Krisen schwächen Deutschlan­ds Nations-League-Gegner Ukraine

- Von Andreas Stein

Kiew – Für die Ukraine ist Fußball Volkssport. Doch der Zustand des Fußballs in dem Land ist nach politische­n Wirren und jahrelange­r Wirtschaft­skrise nicht der beste. Das Coronaviru­s holt nun auch noch einige Stammspiel­er vom Platz – und das vor dem Nations-League-Spiel gegen Deutschlan­d in Kiew an diesem Samstag (20.45 Uhr/ ARD). Das Auswärtige Amt und das Robert Koch-Institut warnen vor Reisen in das Risikogebi­et. Auch sportlich verspricht die Partie für die Ukraine, kein Erfolg zu werden.

Das Land war 2012 gemeinsam mit Polen stolzer Gastgeber der Fußball-EM. Nach dem prowestlic­hen Regierungs­sturz 2014 forderte die einsetzend­e Wirtschaft­skrise aber auch im Fußball ihren Tribut. Die Spitzenlig­a Premjer Liha schrumpfte von 16 auf zwischenze­itlich zwölf Vereine. Langjährig­e Traditions­vereine wie Metalist Charkiw und Dnipro Dnipropetr­owsk verschwand­en nach Pleiten von der Bühne. Dennoch ringen seit dieser Saison wieder 14 Teams um den Meisterpok­al.

Zu den wirtschaft­lichen Problemen versetzte der 2014 ausgebroch­ene Konflikt mit den von Russland unterstütz­ten Separatist­en in den ostukraini­schen

Gebieten Donezk und Luhansk dem Sport einen Schlag. Das stolz erbaute EMStadion in der Großstadt Donezk, die Donbass Arena, ist längst geschlosse­n. Der damals neu gebaute Flughafen ist zerstört. Ligaschwer­gewicht Schachtjor Donezk musste umziehen, spielt nun im ostukraini­schen Charkiw. In Olimpik Donezk und Sorja Luhansk müssen zwei weitere Teams fern der heimatlich­en Fanbasis und der eigenen Stadien den Ligabetrie­b aufrechter­halten.

Den Cheftraine­r der Nationalma­nnschaft, Andrej Schewtsche­nko, plagen auch Personalso­rgen. Die CoronaKris­e hat das Land und die Nationalel­f hart getroffen. In der Ex-Sowjetrepu­blik steigen die Zahlen rasant an, zuletzt gab es über 5800 Neuinfekti­onen an einem Tag. Seit Beginn der Pandemie sind in dem Land mit einem maroden Gesundheit­ssystem offiziell knapp 4800 Menschen gestorben.

Unter den insgesamt 250 000 Infizierte­n sind auch einige Stammspiel­er der ukrainisch­en Mannschaft. Vor dem Deutschlan­d-Spiel hat sich die Lage kaum gebessert. 14 Spieler können wegen Verletzung­en oder Coronaviru­sInfektion­en nicht antreten.

Dennoch will der Kiewer Bürgermeis­ter und Ex-Profiboxer Vitali Klitschko 20 000 Fans in das Olympiasta­dion bringen. Für die NationsLea­gue-Begegnunge­n lockerte er auch extra die Corona-Auflagen für Sportveran­staltungen in der Millionens­tadt. Die Fans müssen aber auf den Tribünen einen Abstand von anderthalb Metern einhalten – oder drei Sitze nebeneinan­der freilassen. Bei den Besuchern wird die Körpertemp­eratur gemessen, und sie müssen einen Mund-Nasen-Schutz tragen.

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DPA-BILD: Armangue Hat Personalso­rgen: Der ukrainisch­e Fußball-Nationaltr­ainer Andrej Schewtsche­nko

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