Corona nur eine Sorge von vielen
Mehrere Krisen schwächen Deutschlands Nations-League-Gegner Ukraine
Kiew – Für die Ukraine ist Fußball Volkssport. Doch der Zustand des Fußballs in dem Land ist nach politischen Wirren und jahrelanger Wirtschaftskrise nicht der beste. Das Coronavirus holt nun auch noch einige Stammspieler vom Platz – und das vor dem Nations-League-Spiel gegen Deutschland in Kiew an diesem Samstag (20.45 Uhr/ ARD). Das Auswärtige Amt und das Robert Koch-Institut warnen vor Reisen in das Risikogebiet. Auch sportlich verspricht die Partie für die Ukraine, kein Erfolg zu werden.
Das Land war 2012 gemeinsam mit Polen stolzer Gastgeber der Fußball-EM. Nach dem prowestlichen Regierungssturz 2014 forderte die einsetzende Wirtschaftskrise aber auch im Fußball ihren Tribut. Die Spitzenliga Premjer Liha schrumpfte von 16 auf zwischenzeitlich zwölf Vereine. Langjährige Traditionsvereine wie Metalist Charkiw und Dnipro Dnipropetrowsk verschwanden nach Pleiten von der Bühne. Dennoch ringen seit dieser Saison wieder 14 Teams um den Meisterpokal.
Zu den wirtschaftlichen Problemen versetzte der 2014 ausgebrochene Konflikt mit den von Russland unterstützten Separatisten in den ostukrainischen
Gebieten Donezk und Luhansk dem Sport einen Schlag. Das stolz erbaute EMStadion in der Großstadt Donezk, die Donbass Arena, ist längst geschlossen. Der damals neu gebaute Flughafen ist zerstört. Ligaschwergewicht Schachtjor Donezk musste umziehen, spielt nun im ostukrainischen Charkiw. In Olimpik Donezk und Sorja Luhansk müssen zwei weitere Teams fern der heimatlichen Fanbasis und der eigenen Stadien den Ligabetrieb aufrechterhalten.
Den Cheftrainer der Nationalmannschaft, Andrej Schewtschenko, plagen auch Personalsorgen. Die CoronaKrise hat das Land und die Nationalelf hart getroffen. In der Ex-Sowjetrepublik steigen die Zahlen rasant an, zuletzt gab es über 5800 Neuinfektionen an einem Tag. Seit Beginn der Pandemie sind in dem Land mit einem maroden Gesundheitssystem offiziell knapp 4800 Menschen gestorben.
Unter den insgesamt 250 000 Infizierten sind auch einige Stammspieler der ukrainischen Mannschaft. Vor dem Deutschland-Spiel hat sich die Lage kaum gebessert. 14 Spieler können wegen Verletzungen oder CoronavirusInfektionen nicht antreten.
Dennoch will der Kiewer Bürgermeister und Ex-Profiboxer Vitali Klitschko 20 000 Fans in das Olympiastadion bringen. Für die NationsLeague-Begegnungen lockerte er auch extra die Corona-Auflagen für Sportveranstaltungen in der Millionenstadt. Die Fans müssen aber auf den Tribünen einen Abstand von anderthalb Metern einhalten – oder drei Sitze nebeneinander freilassen. Bei den Besuchern wird die Körpertemperatur gemessen, und sie müssen einen Mund-Nasen-Schutz tragen.