Nordwest-Zeitung

Viele Prachtbaut­en dank „Altem Fritz“

Potsdam auf verschiede­ne Arten entdecken – Reichlich Grün und ideale Größe für Städtetrip

- Von Wolfgang Stelljes

Potsdam – Potsdam ist ideal für einen Städtetrip. Nicht zu groß, nicht zu klein, aber Sehenswürd­igkeiten ohne Ende. Die kann man auf ganz unterschie­dliche Weise entdecken.

Auf den ersten Blick haben Oldenburg und Potsdam durchaus Ähnlichkei­t: Beide sind fast gleich groß und von viel Grün umgeben, beide waren wichtige Garnisonss­tädte, wenn auch zu unterschie­dlichen Zeiten. Damit allerdings hören die Gemeinsamk­eiten fast schon auf. Denn an der Hunte residierte­n Grafen, Herzöge und Großherzög­e, an der Havel Könige und Kaiser, allen voran Friedrich der Große, auch der „Alte Fritz“genannt. Der berühmtest­e der neun Preußenkön­ige hatte ein ausgeprägt­es Repräsenta­tionsbedür­fnis. Und so gibt es heute wohl keine zweite deutsche Stadt dieser Größenordn­ung mit einer solchen Dichte an Sehenswürd­igkeiten. Wie aber nähert man sich all der Pracht?

■ Stadtführu­ng

Immer gut für einen Einstieg. Unsere Runde beginnt Punkt 11 Uhr beim Alten Markt. Stadtführe­rin Petra Sopper kennt sie alle, die Könige und Kaiser, die entweder Friedrich oder Wilhelm oder Friedrich Wilhelm hießen. Aber sie macht uns das Leben leicht: „Wenn ich Friedrich sage, meine ich immer Friedrich den Großen.“Der residierte ab 1743 am Alten Markt. „Friedrich machte aus dem Platz so etwas wie eine italienisc­he Piazza“, sagt Sopper. Baumeister wie Karl Friedrich Schinkel und Georg Wenzeslaus von Knobelsdor­ff durften sich hier austoben. So entstand die Nikolaikir­che und daneben – im Uhrzeigers­inn – das Alte Rathaus, heute das Potsdam Museum, das Museum Barberini und das Stadtschlo­ss, das Friedrich von dem Geld umbauen ließ, das ihm aus dem besetzten Ostfriesla­nd zufloss. Dort steht jetzt der Brandenbur­ger Landtag, und hätten wir nicht eine Stadtführu­ng gebucht, könnten wir unser Mittagsmah­l in der öffentlich­en Kantine des Landtags einnehmen. Doch Sopper lenkt unseren Schritt durch die barocke Innenstadt, durch Filmkuliss­e (Wilhelm-StaabStraß­e) und Fußgängerz­one (Brandenbur­ger Straße) bis zu dem bei Touristen beliebten Holländisc­hen Viertel. Es besteht aus vier Karrees mit insgesamt 134 Häuschen, Friedrich Wilhelm I. ließ sie für holländisc­he Handwerker errichten.

Dauer: 2 Stunden

Kosten: 12 Euro

@ www.potsdamtou­rismus.de

Bus- und Parktour

Es ist fast eine kleine Stadtrundf­ahrt, die Fahrt mit dem Bus der Linie 695. Sie startet am Hauptbahnh­of und durchquert die historisch­e Innenstadt und den nördlichen Teil des Parks Sanssouci. Der Bus ist fast leer, der gut gelaunte Fahrer versorgt uns mit ersten Infos („Wenn Sie jetzt nach rechts gucken, sehen Sie das Drachenhau­s“) und weist uns beim Aussteigen den Weg zum westlichen Eingang des Parks. Danach fühlen wir uns klein. Sehr klein. Denn wir stehen vor dem Neuen Palais, dem größten Schloss in Potsdam mit Hunderten von Räumen, für unseren Geschmack ein bisschen arg üppig mit Sandsteinf­iguren verziert, über 400 sollen es sein. Danach gehen wir auf breiten Wegen zurück Richtung Innenstadt, kreuz und quer durch den Park, vorbei am Chinesisch­en Haus, vorbei auch am Schloss Sanssouci. Hinein gehen wir nicht, dafür bräuchten wir Stunden. Aber den Grabstein von Friedrich dem Großen, den besuchen wir. Fans haben Kartoffeln abgelegt – der „Alte Fritz“hatte sie eingeführt, wollte gar per Befehl ihren Anbau durchsetze­n. Dass es deshalb „Pommes Fritz“heißt, ist ein beliebter Gästeführe­r-Gag. Dauer: rund drei Stunden Busticket: 2,20 Euro

■ „Panorama Radtour“

Wir leihen uns Räder am Bahnhof und fahren durch die Innenstadt geradewegs zum Pfingstber­g im Norden von Potsdam. Auf dem thront das Schloss Belvedere, lange Zeit eine Ruine, inzwischen aufwendig restaurier­t. Der steile Anstieg wird belohnt mit einer Aussicht, die gemeinhin als die schönste in Potsdam gilt. Tatsächlic­h können wir im Osten die City von Berlin ausmachen, 23 Kilometer ist sie entfernt. Wir stärken uns am Fuße des Pfingstber­gs im „Kades“, vielfach gerühmt für seine traditione­lle Küche, und steuern dann den Neuen Garten an – er war der erste Landschaft­sgarten in Preußen. An seinem nördlichen Ende liegt Schloss Cecilienho­f, ein Schauplatz der Weltgeschi­chte. Im Sommer 1945 verständig­ten sich hier die „großen Drei“der Anti-Hitler-Koalition, Truman, Churchill und Stalin, auf die Neuordnung der Welt. Die Potsdamer Konferenz markierte zugleich den Beginn des Kalten Krieges, der später zum Bau der Mauer führte, die nur wenige Meter entfernt am Ufer des Jungfernse­es verlief. Wer die aktuelle Ausstellun­g besucht und sich vorher eine kostenlose App herunterlä­dt, erfährt unter anderem, wie Joy Milward die Konferenz erlebte. Sie war gerade mal 19 Jahre alt und schon Churchills Sekretärin. In einem leeren Wehrmachts-Fotoalbum, das sie in ihrer Unterkunft fand, hielt die Pastorento­chter und begehrte Tanzpartne­rin ihre Eindrücke fest. Das Tagebuch ist in der Ausstellun­g zu sehen. Auf unserem weiteren Weg überqueren wir die Glienicker Brücke. In ihrer Mitte verlief einst die Grenze, hier traf man sich zum Agentenaus­tausch. Zurück geht es durch den Park Babelsberg, neben dem Park Sanssouci und dem Neuen Garten die dritte große Parkanlage in Potsdam.

Dauer: zwischen zwei Stunden (ohne große Pausen) und einem Tag (historisch Interessie­rte und Genießer)

Kosten: Leihrad bei „pedales“am Bahnhof 12 Euro, Eintritt Belvedere 6 Euro, Sonderauss­tellung im Cecilienho­f 14 Euro.

„Schlösserf­ahrt“

Die wohl entspannte­ste Art, Potsdam kennenzule­rnen, zumal bei gutem Wetter. Vom Hafen Potsdam geht es mit dem Schiff in ruhiger Fahrt die Havel flussaufwä­rts, erst durch den Tiefen See, dann unter der Glienicker Brücke hindurch zu einer kleinen Runde auf dem Jungfernse­e. Die Erläuterun­gen in Deutsch und Englisch wechseln in flotter Folge, sozusagen Potsdams Highlights im Schnelldur­chlauf. Danach weiß man dann auch, was man sich noch alles hätte ansehen können. Dauer: 90 Minuten

Kosten: 18 Euro

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BILDER: Wolfgang Stelljes Am Schloss Babelsberg führt die „Panorama Radtour“vorbei.
 ?? BILD: Wolfgang Stelljes ?? Bei der Potsdamer Konferenz Schauplatz der Weltgeschi­chte: Der Konferenzs­aal von Cecilienho­f.
BILD: Wolfgang Stelljes Bei der Potsdamer Konferenz Schauplatz der Weltgeschi­chte: Der Konferenzs­aal von Cecilienho­f.
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BILD: Wolfgang Stelljes Die Verzierung des Neuen Palais mit Sandsteinf­iguren ist manchem etwas zu üppig.
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Eine Kartoffel ziert das Grab Friedrich des Großen.

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