Wird bei Reiseregeln für Risikogebiete die Reißlinie gezogen?
Niedersachsens Hotelverband will klagen – Tourismusverband zeigt hingegen Verständnis
Berlin/Hannover – Die Beherbergungsverbote vieler Länder für Urlauber aus deutschen Risikogebieten lösen heftige Diskussionen aus. Zahlreiche Politiker fordern eine Rücknahme der erst in der vergangenen Woche vereinbarten Regelung. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) meldeten Gesprächsbedarf dazu für die nächste Ministerpräsidentenkonferenz am Mittwoch an.
Immer mehr Städte überschreiten den Warnwert von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen – darunter die Großstädte Bremen, Berlin, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart und München. Im Nordwesten sind die kreisfreie Stadt Delmenhorst sowie einige Landkreise betroffen.
Menschen aus diesen Gebieten dürfen damit nicht mehr in Hotels, Pensionen oder Ferienwohnungen übernachten – es sei denn, sie können einen aktuellen negativen Coronavirus-Test vorweisen. Von dem niedersächsischen Beherbergungsverbot sind seit Montag die Bewohner von inzwischen 28 deutschen Regionen betroffen.
Als ungerechtfertigten Rundumschlag empfindet der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Niedersachsen das landesweite Beherbergungsverbot für Reisende aus deutschen Corona-Hotspots. Dieses treffe das Kerngeschäft der Tourismusindustrie, obwohl es bisher keine großen Corona-Ausbrüche in der Branche gegeben habe, sagte Dehoga-Hauptgeschäftsführer Rainer Balke. Ein Hotelier werde daher im Laufe der Woche eine Normenkontrollklage beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg einreichen. „Wir hoffen, dass die so schnell wie möglich tätig werden.“
Niedersachsens Tourismusverband zeigte aber Verständnis. Die Regeln seien für die Betriebe und Reisenden zwar nervig, sagte der Vorsitzende des Verbands, Sven Ambrosy aus Jever. Noch größer sei in der Branche aber die Angst vor einem neuen Shutdown der Urlaubsregionen, also weitreichenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens.