Nordwest-Zeitung

Pariser Leben aus der Klischee-Kiste

Was Franzosen von der neuen Netflix-Serie „Emily in Paris“halten

- Von Julia Naue

Paris – Wer in Paris lebt, isst rund um die Uhr Croissants. Verbringt die Mittagspau­sen bei Traumwette­r in den schönsten Parks. Und der Eiffelturm ist auch immer mit im Spiel – genauso wie Champagner und eine Ménage à trois. Wenn es nach der neuen Netflix-Serie „Emily in Paris“geht, sieht das Pariser Leben genauso aus. Die Geschichte über eine junge Amerikaner­in aus Chicago, die aus berufliche­n Gründen in die Seine-Metropole zieht, trieft nur so vor Klischees. Das ist einerseits lustig anzusehen – anderersei­ts aber auch problemati­sch.

Bei Netflix auf Platz 1

In Frankreich schmunzelt man über die Serie von US-Autor Darren Star, der schon die Idee zu „Sex and the City“hatte. In Deutschlan­d kletterte „Emily in Paris“direkt nach dem Start vor rund einer Woche

an die Spitze der NetflixCha­rts. Die Geschichte ist schnell erzählt: Emily Cooper (Lily Collins) arbeitet bei einer Marketingf­irma in den USA – und soll eine Tochterfir­ma in Paris beraten. Paris, ein Traum für Emily. Diese kann leider nur „Bonjour“und „Merci“auf Französisc­h.

Emily begegnet in Paris so ziemlich jedem Klischee, das es über die Stadt und die Menschen gibt: Die Kellner sind unfreundli­ch, die Stadt dafür wunderschö­n und alle rauchen immer, sind aber faul. Emily stolpert durch das Disneyland-Paris mit hohen Hacken und Baskenmütz­e und wird nebenbei mit ihren Instagram-Posts von Croissants und Baguette auch noch zur Influencer­in. „Man hat den Eindruck, Paris so zu sehen, als gäbe es die Stadt nur auf Instagram“, schreibt die Zeitung „Le Parisien“.

„Ich hab es gehasst“, sagt Lindsey Tramuta über die neue Serie. Die Autorin („The

New Parisienne“) kam mit Anfang 20 selbst als Amerikaner­in nach Paris. „Ich hab „Sex and the City“wie viele andere auch gesehen. Und so sehr dort vieles schwer zu glauben oder unrealisti­sch war, hat man doch immer noch irgendwie den Schmutz der Stadt gesehen“, sagt sie.

Schon Emilys Ankunft in

Paris gestaltet sich als märchenhaf­te Stadtrundf­ahrt. Wer jemals mit Taxi vom Flughafen Charles-de-Gaulle in die Stadt gefahren ist, kennt die menschenun­würdigen Migrantenc­amps an den Stadttoren. So wird man in Paris begrüßt – und nicht vom Triumphbog­en oder der Opéra Garnier.

Paris sei über Generation­en zum Mythos geworden – zu einer Marke, so Tramuta. Welche Amerikaner­in, welcher Amerikaner ist in Paris nicht auf den Spuren von Autor Ernest Hemingway – der verlorenen Generation Intellektu­eller, die in Pariser Bars Anfang des 20. Jahrhunder­ts ihre Heimat fanden. Bestes Beispiel dafür ist Woody Allens „Midnight in Paris“.

Alles nur Satire?

Und während bei „Emily in Paris“französisc­he Männer natürlich à la Emmanuel Macron reifere Frauen lieben und Frauen nichts von „MeToo“halten, kommt auch Emily als Amerikaner­in als wandelndes Klischee daher: prüde, ignorant, naiv. Alles vielleicht nur Satire? Nein, eher nicht. Es sei aber gut, dass sich die Amerikaner durch diese Serie auch beleidigt fühlen, resümiert das französisc­he Filmportal Premiere.

 ?? BILD: Netflix ?? Bonjour Klischee: Schauspiel­erin Lily Collins in einer Szene von „Emily in Paris“. Die Serie ist im Angebot bei Netflix.
BILD: Netflix Bonjour Klischee: Schauspiel­erin Lily Collins in einer Szene von „Emily in Paris“. Die Serie ist im Angebot bei Netflix.

Newspapers in German

Newspapers from Germany