Lehrer und ihr Gehalt
Wie ein Hauptschullehrer im Petitionsausschuss das Anliegen der Berufskollegen verteidigt
Wir alle kennen die typischen Aussagen über Lehrer: Viel Ferien, gutes Gehalt und mittags ein Schläfchen. Oder anders gesagt: Lehrer sein – ein Traumjob.
Aber so einfach ist es nicht. Ich finde, der Lehrberuf ist ein Knochenjob: Kinder und Jugendliche in einer wichtigen Zeit schulisch und menschlich zu begleiten, das verdient Respekt – und ein angemessenes Gehalt. Genau das unterscheidet sich aber je nach Schulzweig. Ein Grundschullehrer verdient weniger als ein Gymnasiallehrer – warum eigentlich? Der Stresspegel dürfte ähnlich sein. Mein Kollege Stefan Idel beschreibt, wie ein Lehrer dagegen vorgeht – zurecht, wie ich finde.
Hannover – Knifflige Sache im Petitionsausschuss des Niedersächsischen Landtags: Valentin Ruckgaber (35), Hauptschullehrer aus Otterndorf (Kreis Cuxhaven), stellte am Mittwoch seine Eingabe an den Landtag vor, die von knapp 5500 Menschen unterstützt wird. Für eine öffentliche Anhörung, wie in diesem Fall, sind in der Regel 5000 Unterschriften erforderlich. Wir erklären den Fall und die Hintergründe.
Worum geht es bei der aktuellen Eingabe ?
Ruckgaber bezog sich auf eine Äußerung von Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) im Oktober 2019 vor dem Landtag. Danach hält es die Landesregierung für „rechtlich zulässig“, dass die Lehrer von Grund-, Haupt- und Realschulen nach einer geringeren Besoldungsstufe (A 12) bezahlt werden als ihre Kollegen an Gymnasien, Berufs- oder Förderschulen (A 13). Die Differenz beträgt rund 400 Euro brutto monatlich. Der Lehrer aus dem Kreis Cuxhaven will eine gleiche Bezahlung.
Wie argumentiert der Antragsteller in dem Fall ?
Der Lehrer argumentierte, dass durch die Bologna-Reform die Studiengänge für Lehrer vergleichbar seien. An erster Stelle stehe die Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler individuell weiterzubilden. Ruckgaber wies darauf hin, dass Grundschullehrer mit 28 Wochenstunden die höchste Unterrichtsverpflichtung haben; für Gymnasien seien es 23,5. In Niedersachsen werden 13 215 Grundschüler inklusiv
beschult. Aber nur sieben Prozent der „Inklusionskinder“gingen aufs Gymnasium. Die Aufgabenfülle – von Konferenzen, Elterngesprächen, Hilfeplan bis zu Klassenfahrten – sei bei allen Lehrern gleich groß. Daher müsse die Bezahlung auch gleich sein. Hilbers’ Äußerungen im Landtag zur Besoldung bezeichnete Ruckgaber als „Geringschätzung“.
Wie reagiert die Landesregierung ?
Vertreter der Ministerien für
Finanzen und Kultus verteidigten die Unterschiede bei der Bezahlung. Die inzwischen gewährte Zulage von knapp 100 Euro sei „kein Trostpflaster, sondern ein Zeichen der Anerkennung“. Die Vertreterin des Kultusministeriums wies darauf hin, dass an den Gymnasien wissenschaftlicher gearbeitet werde; die Abiturprüfungen kämen erschwerend hinzu. Nach Angaben des Kultusministeriums liegen die Kosten für die Zulage in diesem Jahr bei rund 13 Millionen Euro; im kompletten Jahr 2021 bei rund 31 Millionen Euro.
Was sagen die Mitglieder des Ausschusses ?
Björn Försterling (FDP) sagte, auch bei der Polizei wurde der „Mittlere Dienst“abgeschafft, um die Arbeit finanziell attraktiver zu machen. Volker Bajus (Grüne) bezeichnete die Besoldungsstruktur der Lehrer als „Relikt der Vergangenheit“. Sie bedürfe dringend der Modernisierung. Sebastian Zinke (SPD) attestierte dem Lehrer, einen wichtigen Beitrag zur Debatte geleistet zu haben. Die Anhebung aller Lehrer auf die Tarifstufe A13 würde jährlich mehr als 200 Millionen Euro kosten, hieß es Anfang des Jahres im Landtag.
Wie geht es jetzt weiter ?
Der Ausschuss wird jetzt intern beraten, erklärte der Vorsitzende Axel Brammer (SPD) aus Hatten (Kreis Oldenburg). In der nächsten Sitzung wird entschieden, ob der Fall „Berücksichtigung“findet. In diesem Fall beschäftigt sich der Landtag mit dem Anliegen des Petenten. Das Grundgesetz garantiert jedem, sich mit Bitten und Beschwerden (Petitionen) an die Parlamente zu wenden. Brammer zufolge gehen jährlich rund 800 Eingaben an den Landtag ein.