Trendsetter seit 100 Jahren
Osternburger Gartenfreunde im Jahr 1920 gegründet
Teil des Lehrgartens: ein Barfußpfad
Bei blauem Himmel natürlich noch schöner: die Anlage der Gartenfreunde Osternburg am Habichtsweg. Der Verein besteht bereits seit 100 Jahren. Parzellen gibt es an mehreren Standorten im Stadtgebiet.
Osternburg – Der Kleingärtner gilt nach dem allgemeingültigen Klischeehandbuch als konservativ und als Inbegriff für Spießigkeit. Dabei ist er nicht erst in diesen Zeiten ein wahrer Trendsetter: Regionale Lebensmittel, biologischer Anbau und klimafreundlicher Urlaub vor der Haustür – was der Hippster jetzt vorlebt, ist für den Kleingärtner schon immer der Standard. Bei den Osternburger Gartenfreunden bereits seit 100 Jahren.
Eigentlich war es ein Jahr zum Feiern: Vertreter der Stadt und von langjährigen Unterstützern sollten zu einem Empfang vorbeikommen. In jeder der verschiedenen Anlagen des Vereins waren besondere Veranstaltungen geplant, um möglichst viele Kleingärtner an diesem Jubiläum teilhaben zu lassen: eine Kräuterwerkstatt zum Beispiel oder ein Kurs zum Thema Obstbaumschnitt. Die Grünkohltour im Februar konnte noch stattfinden. Danach wurde wegen Corona alles gestrichen. Schon schade, aber solange der Kleingärtner noch in seinen Garten darf, ist alles halb so wild.
Etwa 450 Parzellen gehören zu den Gartenfreunden. Zu finden sind sie in zwölf Anlagen, die in ganz Osternburg und darüber hinaus verteilt sind. Jede hat ihren eigenen Charakter, sagt der derzeitige
Vereinsvorsitzende Rolf Kowallik. In der Anlage Wunderburg gebe es noch die klassischen kleinen Parzellen. Am Drielaker See sei noch ein früherer Trend zu erkennen, die Gärten vor allem als Freizeitanlagen mit wenig gärtnerischer Tätigkeit zu nutzen.
So unterschiedlich wie die Gärten sind auch die Menschen, die sie gestalten – und deren Geschichten. Angelika Danne zum Beispiel hatte mit ihrem Mann einen wunderschönen Kleingarten in der Anlage am Habichtsweg übernommen, der allerdings zwei Jahre lang nicht mehr bewirtschaftet worden war. Alles war zugewachsen, es kostete viel Arbeit, hier wieder Struktur hereinzubringen – einige Überraschungen inbegriffen: „Wir dachten erst, dass es auf der Parzelle gar keine Toilette gibt – bis wir die Tür zugewachsen hinter Efeu entdeckten“, erzählt Danne.
Ingrid Grenz, Vertrauensperson der Anlage an der Steinkreuzwiese, berichtet indes stolz von einem Insektenhilfsprojekt. „Dort haben wir zwei Parzellen direkt an der Autobahn, die sich nicht gut verpachten ließen, zusammengelegt.“Jetzt gibt es dort Obstbäume, eine Wildblumenwiese und Sandflächen, die für viele Arten ebenfalls wichtig sind. Auch Insektenschutz ist ja derzeit eine Art Trend. Und war war wieder vorne mit dabei? Richtig, der Kleingärtner.