Studenten sehen Bildung gefährdet
Gutschrift des Sommersemesters nur auf Antrag – Landesregierung in der Kritik
Oldenburg – In der vorlesungsfreien Zeit im Frühjahr fragten sich Studenten und Professoren bereits, wie sie im bevorstehenden Sommersemester lernen und lehren werden. Doch abseits der Fragen zu Digitalisierung sowie Präsenzveranstaltungen und Bibliotheksbesuchen in Corona-Zeiten, sorgten sich die Studenten um ihre finanzielle Sicherheit. Sollten sie ihr Studium nicht in der Regelstudienzeit absolvieren, hätte das Auswirkungen auf ihren BAföG-Anspruch.
Der Niedersächsische Landtag verabschiedete nun einen Änderungsantrag der SPD/ CDU-Regierungskoalition, der keine pauschale Gutschrift des Semesters, wie sie in den meisten anderen Bundesländern bereits so beschlossen ist, vorsieht. „Anstatt die Regelstudienzeit unbürokratisch um ein Semester zu verlängern, haben CDU und SPD beschlossen, dass Studierende erst nach Ende der Pandemie auf Antrag ein beliebiges Semester gutgeschrieben bekommen können“, bemängelt Eva Viehoff, kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion.
■ Unis sparen mit Kritik
Die Vizepräsidentin der Universität Oldenburg, Prof. Dr. Verena Pietzner, begrüßt die grundsätzliche Entscheidung des Parlaments: „Als Mitglied der ‚Ständigen Kommission für Lehre und Studium‘ der Landeshochschulkonferenz habe ich mich in den vergangenen Monaten persönlich dafür eingesetzt und würde mir nun eine unbürokratische Umsetzung wünschen. Für unsere Studierenden ist die Entscheidung essenziell – vor allem mit Blick auf die Zahlung
von BAföG und der studentischen Krankenversicherung.“
Die Jade Hochschule sieht den Beschluss ebenfalls positiv. Eine andere Lösung wünscht sich Vizepräsident Prof. Dr. Hero Weber nicht: „Die Betroffenheit der einzelnen
Studierenden ist unterschiedlich. Sie ist abhängig vom jeweiligen Studiengang und davon, wie weit die Studierenden im Studium fortgeschritten sind. Die Ergebnisse des Sommersemesters zeigen, dass die Prüfungsergebnisse verglichen zu ,vor-Corona-Zeiten’ unauffällig waren.“
■ Zu Wenig, zu spät
Der AStA-Vorstand der Oldenburger Uni hingegen sieht durch das „Krisenmanagement der Landesregierung die Bildungsmöglichkeiten einer ganzen Generation gefährdet“. „Die grundsätzliche Entscheidung zur Verlängerung der Regelstudienzeit ist richtig, allerdings ein halbes Jahr überfällig und viel zu kurz bemessen. Es ist unverantwortlich, dass diese Entscheidung so spät und mit großer Verzögerung getroffen wurde.“
Dass Niedersachsen erst so spät zu einer Regelung gekommen ist, ärgert den Studierendenausschuss: „Viele Bundesländer haben deutlich schneller reagiert und frühzeitiger für Klarheit gesorgt. Des Weiteren stößt es bei uns auf Unverständnis, dass der Beschluss keine unbürokratische Verlängerung der Regelstudienzeit mit sich gezogen hat, sondern allem Anschein nach erst nach Ende der Pandemie auf Antrag.“
Die Pandemie habe zudem noch einmal vor Augen geführt, dass das Konzept einer festgelegten Regelstudienzeit abgeschafft gehöre. Die Realität zeige, dass die Regelstudienzeit zu knapp bemessen und außerdem willkürlich festgelegt sei. „79 Prozent der Studierenden schließen ihr Studium nicht in der Regelstudienzeit ab“, bemerken die AStA-Vorstandsmitglieder.