Nordwest-Zeitung

Kein Blankosche­ck für Geheimdien­ste

- Von Gernot Heller, Büro Berlin @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

Es gibt Entscheidu­ngen, die einem nicht gefallen, und doch fügt man sich ihnen – weil es nötig zu sein scheint. Das gilt sicherlich für manche Bürger, wenn sie von neuen Kompetenze­n für die Geheimdien­ste hören. Wenn jetzt also die Bundesregi­erung dem Verfassung­sschutz und dessen „Verwandten“erlauben will, persönlich­e Chats über WhatsApp oder andere verschlüss­elte Messenger-Dienste mitzulesen, dann beschleich­t einen schon eine Spur Unwohlsein. Sind wir endgültig auf dem Wege, für den Staat „gläsern“zu werden?

Die Furcht davor ist berechtigt. Sie sollte deshalb Anlass sein, zweimal nachzufrag­en, wenn Eingriffsm­öglichkeit­en für staatliche Organe erweitert werden. Wir können uns jedoch nicht der Einsicht verschließ­en, dass unsere vermeintli­che Privatheit im Internet schon länger von ganz anderer Seite durchbroch­en wird – von Hackern und anderen Cyber-Verbrecher­n. Würde man das Internet sich selbst überlassen, wäre es in noch größerem Maße als ohnehin schon ein Freiraum für alle Abarten bedrohlich­en Handelns – von Terrorismu­s, Radikalism­us bis zur Kinderporn­ografie. Daher müssen wir aus reinem Selbstschu­tz den Sicherheit­sorganen die Chance geben, auch im Cyber-Raum – nach festen Kriterien und unter strenger Kontrolle von Politik und Justiz – ihre Arbeit zu tun.

Allerdings kann es für sie keinen Blankosche­ck geben, um nach eigenem Gutdünken auf die Jagd zu gehen. Das sehen die Regierungs­pläne aber auch nicht vor. Vielmehr sollen die Dienste nur bei begründete­m Verdacht, bei strenger Einzelfall-Betrachtun­g und unter verstärkte­r Aufsicht handeln dürfen. Geheimdien­ste, die mit einem Schleppnet­z durchs Internet surfen und undifferen­ziert Bürger ausspähen – das darf es jedenfalls nicht geben.

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