Kein Blankoscheck für Geheimdienste
Es gibt Entscheidungen, die einem nicht gefallen, und doch fügt man sich ihnen – weil es nötig zu sein scheint. Das gilt sicherlich für manche Bürger, wenn sie von neuen Kompetenzen für die Geheimdienste hören. Wenn jetzt also die Bundesregierung dem Verfassungsschutz und dessen „Verwandten“erlauben will, persönliche Chats über WhatsApp oder andere verschlüsselte Messenger-Dienste mitzulesen, dann beschleicht einen schon eine Spur Unwohlsein. Sind wir endgültig auf dem Wege, für den Staat „gläsern“zu werden?
Die Furcht davor ist berechtigt. Sie sollte deshalb Anlass sein, zweimal nachzufragen, wenn Eingriffsmöglichkeiten für staatliche Organe erweitert werden. Wir können uns jedoch nicht der Einsicht verschließen, dass unsere vermeintliche Privatheit im Internet schon länger von ganz anderer Seite durchbrochen wird – von Hackern und anderen Cyber-Verbrechern. Würde man das Internet sich selbst überlassen, wäre es in noch größerem Maße als ohnehin schon ein Freiraum für alle Abarten bedrohlichen Handelns – von Terrorismus, Radikalismus bis zur Kinderpornografie. Daher müssen wir aus reinem Selbstschutz den Sicherheitsorganen die Chance geben, auch im Cyber-Raum – nach festen Kriterien und unter strenger Kontrolle von Politik und Justiz – ihre Arbeit zu tun.
Allerdings kann es für sie keinen Blankoscheck geben, um nach eigenem Gutdünken auf die Jagd zu gehen. Das sehen die Regierungspläne aber auch nicht vor. Vielmehr sollen die Dienste nur bei begründetem Verdacht, bei strenger Einzelfall-Betrachtung und unter verstärkter Aufsicht handeln dürfen. Geheimdienste, die mit einem Schleppnetz durchs Internet surfen und undifferenziert Bürger ausspähen – das darf es jedenfalls nicht geben.