Nordwest-Zeitung

Schwarzer Tag für Landwirtsc­haft

- Von Andreas Herholz, Büro Berlin

Der Münchner Anton Hofreiter (50), Grünen-Fraktionsc­hef im Bundestag, übt scharfe Kritik an dem Agrar-Kompromiss der EU-Staaten. Er sieht den landwirtsc­haftlichen Teil des Green Deals damit de facto beerdigt – und genauso die bäuerliche Landwirtsc­haft.

Der EU-Ministerra­t hat sich auf eine Agrarrefor­m verständig­t. Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner spricht von einem Meilenstei­n. Wie bewerten Sie die Beschlüsse? Hofreiter: Das ist kein Meilenstei­n. Das ist ein schwarzer Tag für die Landwirtsc­haft und ihre Zukunft. Ob Artenschut­z, Klimakrise oder Pestizidre­duktion – die Agrarminis­ter haben das einfach alles ignoriert. Sie sind noch hinter ihren eigenen Zielen zurückgebl­ieben. Der Landwirtsc­haftsteil des Green Deals der EU-Kommission ist mit diesen Beschlüsse­n de facto beerdigt worden. Es geht hier um fast 400 Milliarden Euro Steuergeld. Und das wird weiterhin vor allem für die Agrarindus­trie und für Großgrundb­esitzer ausgegeben. Von einem Kurswechse­l kann keine Rede sein.

Aber 20 Prozent der Direktzahl­ungen sollen an die Landwirte gehen und für Öko-Regelungen reserviert werden. Wenn die Bauern diese Anforderun­gen erfüllen, sollen sie noch mit zusätzlich­en Mitteln gefördert werden.

Hofreiter: Die neuen Regelungen sollen freiwillig sein. Das ist also kein Fortschrit­t. Auch in Zukunft werden zwei Drittel des Geldes weiter nach der Größe der Anbaufläch­en verteilt.

Die Auswirkung­en der Reform sollen in den nächsten zwei Jahren geprüft und gegebenenf­alls danach nachgebess­ert werden. Was spricht dagegen? Hofreiter: Mit diesen Ergebnisse­n werden die Ziele, wie der Erhalt der bäuerliche­n Landwirtsc­haft, Erhalt der Artenvielf­alt und Klimaschut­z weitgehend außer Acht gelassen, das ist schon jetzt klar. Am besten wäre es, die Reform neu zu verhandeln.

Landwirtsc­haftsminis­terin Julia Klöckner verweist darauf, dass es auch Ernährungs­sicherheit geben müsse und daher auch große landwirtsc­haftliche Betriebe brauche. Hofreiter: Es ist absolut wichtig, die Ernährung zu sichern. Wenn aber Klimakrise und Artensterb­en so weitergehe­n, dann wird dadurch die Ernährung gefährdet und nicht gesichert. Da werden die Böden zerstört, und es wird auf Dauer Ernteausfä­lle geben. Unsere Ernährung sichern wir nur, wenn wir umsteuern.

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Imago-BILD: Spicker

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