Schwarzer Tag für Landwirtschaft
Der Münchner Anton Hofreiter (50), Grünen-Fraktionschef im Bundestag, übt scharfe Kritik an dem Agrar-Kompromiss der EU-Staaten. Er sieht den landwirtschaftlichen Teil des Green Deals damit de facto beerdigt – und genauso die bäuerliche Landwirtschaft.
Der EU-Ministerrat hat sich auf eine Agrarreform verständigt. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner spricht von einem Meilenstein. Wie bewerten Sie die Beschlüsse? Hofreiter: Das ist kein Meilenstein. Das ist ein schwarzer Tag für die Landwirtschaft und ihre Zukunft. Ob Artenschutz, Klimakrise oder Pestizidreduktion – die Agrarminister haben das einfach alles ignoriert. Sie sind noch hinter ihren eigenen Zielen zurückgeblieben. Der Landwirtschaftsteil des Green Deals der EU-Kommission ist mit diesen Beschlüssen de facto beerdigt worden. Es geht hier um fast 400 Milliarden Euro Steuergeld. Und das wird weiterhin vor allem für die Agrarindustrie und für Großgrundbesitzer ausgegeben. Von einem Kurswechsel kann keine Rede sein.
Aber 20 Prozent der Direktzahlungen sollen an die Landwirte gehen und für Öko-Regelungen reserviert werden. Wenn die Bauern diese Anforderungen erfüllen, sollen sie noch mit zusätzlichen Mitteln gefördert werden.
Hofreiter: Die neuen Regelungen sollen freiwillig sein. Das ist also kein Fortschritt. Auch in Zukunft werden zwei Drittel des Geldes weiter nach der Größe der Anbauflächen verteilt.
Die Auswirkungen der Reform sollen in den nächsten zwei Jahren geprüft und gegebenenfalls danach nachgebessert werden. Was spricht dagegen? Hofreiter: Mit diesen Ergebnissen werden die Ziele, wie der Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft, Erhalt der Artenvielfalt und Klimaschutz weitgehend außer Acht gelassen, das ist schon jetzt klar. Am besten wäre es, die Reform neu zu verhandeln.
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner verweist darauf, dass es auch Ernährungssicherheit geben müsse und daher auch große landwirtschaftliche Betriebe brauche. Hofreiter: Es ist absolut wichtig, die Ernährung zu sichern. Wenn aber Klimakrise und Artensterben so weitergehen, dann wird dadurch die Ernährung gefährdet und nicht gesichert. Da werden die Böden zerstört, und es wird auf Dauer Ernteausfälle geben. Unsere Ernährung sichern wir nur, wenn wir umsteuern.