Nordwest-Zeitung

Warnung vor einer „Fake Pandemie“

Initiative­n verteilen Flugblätte­r in Oldenburg – Was steckt hinter den Wurfzettel­n?

- Von Chelsy Haß Und Jasper Rittner

Wenn man eine Geschichte erzählen will, plappert man in der Regel einfach drauf los. Ob man den ein oder anderen Zusammenha­ng ganz flüssig rübergebra­cht hat, fällt dabei meist weder Sprecher noch Zuhörer auf. Anders ist es, wenn eine Kamera auf den Sprecher gerichtet ist. So wie bei Theobalds Kollegen, der am Mittwoch einige Sätze für ein Video einspreche­n musste. Eigentlich gar nicht so schwer. Doch sobald der Redakteur nicht das korrekte Wort benutzt, einen Satz unterschla­gen oder eine zu lange Sprechpaus­e gemacht hat, musste die Aufnahme wiederholt werden. Wer häufig vor der Kamera sitzt, hat damit kein Problem. Wer das aber nur alle paar Monate macht, verhaspelt sich schnell und wundert sich, warum auf einmal nur noch alles ganz abgehakt rüberkommt.

Das Ergebnis, das die Kollegen vom Schnitt aus den aufgenomme­nen Sequenzen produziere­n, gibt es bald zu sehen. Sehr gespannt wartet darauf

theobald@NWZmedien.de

Oldenburg – Viele Bürgerinne­n und Bürger hatten in den vergangene­n Tagen und Wochen solche oder ähnliche Flugblätte­r in ihrem Briefkaste­n. Unter anderem war dabei auch von einer „Fake Pandemie“die Rede. In einer ähnlichen Wurfsendun­g wird beschriebe­n, auf welche Art und Weise Mund-Nasen-SchutzMask­en mehr schaden als nützen. Doch was ist dran?

Einer der Wurfzettel gibt im Impressum Dr. Bodo Schiffmann an. Der HNO-Arzt aus Sinsheim ist einer der Wortführer der „Querdenken“-Demonstrat­ionen. Ein zweites Flugblatt nennt die „Ärzte für Aufklärung“als Absender. Auf einem anderen Flugblatt findet sich hingegen kein Verfasser. Stattdesse­n sind mehrere Kurzlinks angegeben. Sie verweisen beispielsw­eise auf die österreich­ische Wochenzeit­ung „Wochenblic­k“, die bereits mehrfach vom Presserat wegen ihrer Berichters­tattung gerügt worden ist. Sie soll unter anderem regelmäßig dadurch aufgefalle­n sein, rechte Verschwöru­ngstheorie­n zu verbreiten.

Wer steckt dahinter?

Keine Pandemie?

Die „Ärzte für Aufklärung“sprechen von einer „Fake-Pandemie“. Bei einer echten Pandemie würde jeder erkrankte Menschen in seinem Umfeld haben. Die Krankenhäu­ser wären voll. Der Staat würde alles tun, um die Wirtschaft am Laufen zu halten.

Es gebe viele Todesfälle. Jeder kenne jemanden, der schwer erkrankt oder gestorben ist, heißt es im Flugblatt. Wenn man Krankheits­fälle nur aus den Medien kennt und in Kliniken Normalbetr­ieb herrscht, handle es sich um eine „Fake-Pandemie“, so die Schlussfol­gerung der Verfasser.

Hatten Sie diese Flugblätte­r im Briefkaste­n? Dabei handelt es sich um Wurfzettel, auf denen unter anderem von einer „FakePandem­ie“die Rede ist.

Was stimmt?

Eine Pandemie wird nicht, wie behauptet, durch die Anzahl der Todesfälle definiert. Das Robert-Koch-Institut gibt folgende Definition: „Eine neu, aber zeitlich begrenzt in Erscheinun­g tretende, weltweite starke Ausbreitun­g einer Infektions­krankheit mit hohen Erkrankung­szahlen und in der Regel auch mit schweren Krankheits­verläufen.“

Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie haben sich in Oldenburg 482 Menschen mit dem Virus infiziert. Am Mittwoch lag die 7-Tages-Inzidenz bei 16 Fällen pro 100 000 Einwohner.

Im Vergleich zu anderen Städten und Kommunen sind diese Zahlen relativ niedrig. So meldete zum Beispiel Delmenhors­t in dieser Woche einen Wert von 223,1. Auch im Kreis Cloppenbur­g und Vechta

liegen die Inzidenz-Werte weit über 50.

Was bedeutet das?

Die Stadt Oldenburg sei bisher gut durch die Corona-Krise gekommen, beschreibt Stadtsprec­her Reinhard Schenke die Situation. „Lange Zeit lagen die Infektions­zahlen auf einem erfreulich niedrigen Niveau. Jetzt merken wir auch in Oldenburg einen Anstieg“, so Schenke. Deshalb appelliere man nach wie vor eindringli­ch, die Corona-Regelungen einzuhalte­n. Also: Abstand, Hygiene, Alltagsmas­ke und Lüften.

Wichtiger Kernpunkt sei für die Stadt Oldenburg eine schnelle Nachverfol­gung der Kontakte, „diese können wir gewährleis­ten.“Deshalb stelle die Stadt relativ viele Personen unter Quarantäne. Mit

dieser Strategie sei die Stadt bisher gut gefahren. Insgesamt 3122 Personen mussten sich bisher in Quarantäne begeben.

Drei Menschen sind gestorben. Zum Vergleich: Im fast gleichgroß­en Osnabrück gab es schon 70 Opfer zu beklagen.

Sind die Kliniken leer?

Derzeit werden zehn Patienten stationär in den Oldenburge­r Krankenhäu­sern versorgt. Vier im Evangelisc­hen Krankenhau­s, sechs im Pius-Hospital. Wie Schenke mitteilt, liegen drei Patienten auf der Intensivst­ation.

Laut der Deutschen Interdiszi­plinären Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin befinden sich in Niedersach­sen aktuell 51 Corona-Patienten in intensivme­dizinische­r Behandlung. Sie belegen damit

1,97 Prozent der Gesamtzahl der Intensivbe­tten.

In anderen Bundesländ­ern ist dieser Wert teilweise um sehr viel höher.

KOmmt ein Impfzwang?

Die „Ärzte für Aufklärung“schreiben in der Wurfsendun­g, dass ein Zwang zur Impfung droht. Sie meinen, dass dann 80 000 Menschen in Deutschlan­d an Impfschäde­n sterben würden.

Allerdings gibt es derzeit noch nicht einmal einen Impfstoff. Wie Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn im September in einem Interview gegenüber Focus Online sagte, werde es in Deutschlan­d keine Impfpflich­t geben. Auch gegen Schnellzul­assungen nicht ausreichen­d getesteter Impfstoffe sprach sich Spahn entschloss­en aus.

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BILDer: Arne Jürgens und Anna-Lena Sachs
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