Zwischenahn macht sich selbstständig
Einwohnerzahl steuert auf 30 000 zu – Wann gibt es die Stadtrechte?
Wachsende Gemeinde: Bad Zwischenahn steuert klar auf eine Einwohnerzahl von mehr als 30 000 zu. Das bedeutet für die Verwaltung, dass sie mehr Aufgaben übernehmen muss.
Bad Zwischenahn – Bad Zwischenahn wächst seit Jahrzehnten. Laut den Daten des statistischen Landesamtes hatte die Gemeinde im Jahr 1939 nur 11 295 Einwohner, 1950 waren es bereits 18380, 1961 gab es einen Knick – da ergab die Volkszählung nur noch 16869 Einwohner, 1970 dann wieder 20221. Die Volkszählung 1987 ergab dann 23299 Einwohner. Und heute steuert die Gemeinde stark auf die Marke von 30 000 Einwohnern zu. Das ist eine besondere Grenze, denn nach dem Kommunalverfassungsgesetz haben Gemeinden mit mehr als 30 000 Einwohnern den Status einer „selbstständigen Gemeinde“.
Was bedeutet „selbstständige Gemeinde
Selbstständige Gemeinden erfüllen Aufgaben des sogenannten übertragenen Wirkungskreises – Aufgaben, die das Land eigentlich an die Landkreise überträgt und diese dafür auch finanziell entschädigt. Die Aufgaben, die bei Überschreiten der Einwohnergrenze auf Bad Zwischenahn zukommen, sind zum Beispiel Ordnungswidrigkeitsangelegenheiten, Aufgaben aus dem
Gewerbe- und Straßenverkehrsrecht, die Überwachung von Auflagen nach dem Gaststättengesetz oder Maßnahmen zur Durchsetzung der Schulpflicht.
„Mit dem Status der selbstständigen Gemeinde besteht grundsätzlich auch die Verpflichtung zur Einrichtung eines eigenen Rechnungsprüfungsamtes. Derzeit nimmt das Rechnungsprüfungsamt beim Landkreis gegen Kostenerstattung die gemeindliche Prüfung wahr“, erklärt Heinz de Boer, Fachbereichsleiter Zentrale Verwaltung.
Baugenehmigungsbehörde wird die Gemeinde mit dem neuen Status nicht automatisch: „Hierfür wäre ein gesondertes Antragsverfahren bei einer Einwohnerzahl über 30 000 erforderlich.“
Wann wird Zwischenahn selbstständig
Nach den eigenen Zahlen des Bürgeramtes beträgt die Einwohnerzahl
aktuell sogar schon 29839. Deshalb könnte die 30 000-Einwohner-Marke vermutlich noch dieses Jahr überschreiten, wie Zwischenahns Bürgermeister Arno Schilling annimmt. Entscheidend ist aber die offizielle Einwohnerzahl des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik. Und danach hat die Gemeinde aktuell 29141 Einwohnerinnen und Einwohner.
Die Gemeindeverwaltung will aber nicht warten, bis die Zahl 30 000 offiziell erreicht wird – denn dann müsste sie alle zusätzlichen Aufgaben sofort übernehmen. „Ich möchte der Politik vorschlagen, diesen Prozess in einem geordneten Verfahren auf den Weg zu bringen“, sagt Schilling. Dies ist auch möglich, denn Gemeinden können bereits vor Erreichen der 30000-Einwohner-Marke auf Antrag durch Beschluss der Landesregierung zu „selbstständigen Gemeinden“erklärt werden.
Die Verwaltung möchte den politischen Gremien der Gemeinde vorschlagen, diesen Antrag zum 1. Januar 2022 zu stellen. Das hätte den Vorteil, dass die personellen und organisatorischen Voraussetzungen im kommenden Jahr in Ruhe vorbereitet werden könnten. Neben der Lokalpolitik muss in einem Antragsverfahren auch der Landkreis
Wer kommt für die zusätzlichen Kosten auf
Wenn die Gemeinde mehr Aufgaben übernimmt, braucht sie dafür voraussichtlich auch mehr Personal. Die Kosten wird sie allerdings nicht aus eigener Kraft finanzieren müssen. Für die zusätzlichen Aufgaben erhält sie zusätzliche Mittel aus dem Niedersächsischen Finanzausgleichsgesetz.
Wird aus der Gemeinde dann auch eine Stadt
Nein, die Bezeichnung Stadt erhält die Gemeinde damit nicht. Sie müsste ebenfalls beim Innenministerium beantragt werden und würde verliehen, wenn die Gemeinde nach „Einwohnerzahl, Siedlungsform und Wirtschaftsverhältnissen städtisches Gepräge aufweist“. Das könnte für Bad Zwischenahn durchaus zutreffen. Die Bezeichnung Stadt hat allerdings keinen Einfluss auf die Aufgaben oder die finanzielle Situation einer Gemeinde, zusätzliche „Stadtrechte“würde Bad Zwischenahn dadurch auch nicht erhalten – die Bezeichnung ist eher eine Imagefrage.