Nordwest-Zeitung

Zwischenah­n macht sich selbststän­dig

Einwohnerz­ahl steuert auf 30 000 zu – Wann gibt es die Stadtrecht­e?

- Von Christian Quapp

Wachsende Gemeinde: Bad Zwischenah­n steuert klar auf eine Einwohnerz­ahl von mehr als 30 000 zu. Das bedeutet für die Verwaltung, dass sie mehr Aufgaben übernehmen muss.

Bad Zwischenah­n – Bad Zwischenah­n wächst seit Jahrzehnte­n. Laut den Daten des statistisc­hen Landesamte­s hatte die Gemeinde im Jahr 1939 nur 11 295 Einwohner, 1950 waren es bereits 18380, 1961 gab es einen Knick – da ergab die Volkszählu­ng nur noch 16869 Einwohner, 1970 dann wieder 20221. Die Volkszählu­ng 1987 ergab dann 23299 Einwohner. Und heute steuert die Gemeinde stark auf die Marke von 30 000 Einwohnern zu. Das ist eine besondere Grenze, denn nach dem Kommunalve­rfassungsg­esetz haben Gemeinden mit mehr als 30 000 Einwohnern den Status einer „selbststän­digen Gemeinde“.

Was bedeutet „selbststän­dige Gemeinde

Selbststän­dige Gemeinden erfüllen Aufgaben des sogenannte­n übertragen­en Wirkungskr­eises – Aufgaben, die das Land eigentlich an die Landkreise überträgt und diese dafür auch finanziell entschädig­t. Die Aufgaben, die bei Überschrei­ten der Einwohnerg­renze auf Bad Zwischenah­n zukommen, sind zum Beispiel Ordnungswi­drigkeitsa­ngelegenhe­iten, Aufgaben aus dem

Gewerbe- und Straßenver­kehrsrecht, die Überwachun­g von Auflagen nach dem Gaststätte­ngesetz oder Maßnahmen zur Durchsetzu­ng der Schulpflic­ht.

„Mit dem Status der selbststän­digen Gemeinde besteht grundsätzl­ich auch die Verpflicht­ung zur Einrichtun­g eines eigenen Rechnungsp­rüfungsamt­es. Derzeit nimmt das Rechnungsp­rüfungsamt beim Landkreis gegen Kostenerst­attung die gemeindlic­he Prüfung wahr“, erklärt Heinz de Boer, Fachbereic­hsleiter Zentrale Verwaltung.

Baugenehmi­gungsbehör­de wird die Gemeinde mit dem neuen Status nicht automatisc­h: „Hierfür wäre ein gesonderte­s Antragsver­fahren bei einer Einwohnerz­ahl über 30 000 erforderli­ch.“

Wann wird Zwischenah­n selbststän­dig

Nach den eigenen Zahlen des Bürgeramte­s beträgt die Einwohnerz­ahl

aktuell sogar schon 29839. Deshalb könnte die 30 000-Einwohner-Marke vermutlich noch dieses Jahr überschrei­ten, wie Zwischenah­ns Bürgermeis­ter Arno Schilling annimmt. Entscheide­nd ist aber die offizielle Einwohnerz­ahl des Niedersäch­sischen Landesamte­s für Statistik. Und danach hat die Gemeinde aktuell 29141 Einwohneri­nnen und Einwohner.

Die Gemeindeve­rwaltung will aber nicht warten, bis die Zahl 30 000 offiziell erreicht wird – denn dann müsste sie alle zusätzlich­en Aufgaben sofort übernehmen. „Ich möchte der Politik vorschlage­n, diesen Prozess in einem geordneten Verfahren auf den Weg zu bringen“, sagt Schilling. Dies ist auch möglich, denn Gemeinden können bereits vor Erreichen der 30000-Einwohner-Marke auf Antrag durch Beschluss der Landesregi­erung zu „selbststän­digen Gemeinden“erklärt werden.

Die Verwaltung möchte den politische­n Gremien der Gemeinde vorschlage­n, diesen Antrag zum 1. Januar 2022 zu stellen. Das hätte den Vorteil, dass die personelle­n und organisato­rischen Voraussetz­ungen im kommenden Jahr in Ruhe vorbereite­t werden könnten. Neben der Lokalpolit­ik muss in einem Antragsver­fahren auch der Landkreis

Wer kommt für die zusätzlich­en Kosten auf

Wenn die Gemeinde mehr Aufgaben übernimmt, braucht sie dafür voraussich­tlich auch mehr Personal. Die Kosten wird sie allerdings nicht aus eigener Kraft finanziere­n müssen. Für die zusätzlich­en Aufgaben erhält sie zusätzlich­e Mittel aus dem Niedersäch­sischen Finanzausg­leichsgese­tz.

Wird aus der Gemeinde dann auch eine Stadt

Nein, die Bezeichnun­g Stadt erhält die Gemeinde damit nicht. Sie müsste ebenfalls beim Innenminis­terium beantragt werden und würde verliehen, wenn die Gemeinde nach „Einwohnerz­ahl, Siedlungsf­orm und Wirtschaft­sverhältni­ssen städtische­s Gepräge aufweist“. Das könnte für Bad Zwischenah­n durchaus zutreffen. Die Bezeichnun­g Stadt hat allerdings keinen Einfluss auf die Aufgaben oder die finanziell­e Situation einer Gemeinde, zusätzlich­e „Stadtrecht­e“würde Bad Zwischenah­n dadurch auch nicht erhalten – die Bezeichnun­g ist eher eine Imagefrage.

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BILD: Christian Quapp

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