Nordwest-Zeitung

Als es Tassen und T-Shirts von Totilas gab

Vor 10 Jahren kaufte Paul Schockemöh­le Wunderpfer­d für 10 Millionen Euro

- Von Michael Rossmann

Mühlen – Auch zehn Jahre danach scheint Paul Schockemöh­le erstaunt. „Es hat noch nie so einen Hype gegeben wie um ihn“, sagte der Pferdehänd­ler aus Mühlen (Kreis Vechta) über den spektakulä­ren Transfer von Totilas im Herbst 2010. Der schwarze Schönling aus den Niederland­en sorgte für ein nie da gewesenes Interesse an der Dressur. „Das Pferd hat alle gefesselt“, sagt Dennis Peiler, Sportchef bei der deutschen Reiterlich­en Vereinigun­g FN. Mit großem Getöse wurde der Wunderpfer­d genannte Hengst vorgestell­t, der etwa zehn Millionen Euro kostete. „Das war eine neue Dimension“, sagt der FNSportche­f. So viel Geld für ein Dressurpfe­rd, das hat es laut Experten weder davor noch danach gegeben.

Am 26. Oktober 2010 bestätigte Schockemöh­le den Kauf, aber nicht den Preis. „Es ist

Matthias Alexander Rath reitet auf Totilas.

nach meiner Kenntnis das teuerste Pferd in den olympische­n Diszipline­n“, sagte er: „Man ist verliebt und begeistert, wenn man das Pferd gesehen hat.“

Kurz danach fand sich – nach der Absage von Isabell Werth – für den in den Niederland­en gekauften Hengst ein Reiter. Doch Matthias Alexander Rath konnte nicht an die Erfolge des Holländers Edward Gal anknüpfen, der davor im Sattel gesessen hatte.

Das Fatale für Rath war, dass alle Welt wusste, zu welch

Leistungen Totilas imstande war. Dass jeder sich erinnerte, wie Gal den Hengst tanzen ließ und dreimal Gold bei der WM in Lexington/Kentucky gewann. Totilas war ein Star, Rath nicht. Der Reiter stand im Schatten des hochgejazz­ten Popstars des Pferdespor­ts.

Ein besonderes Kapitel der Totilas-Geschichte ist die Vermarktun­g, die der CHIO-Manager Michael Mronz mit seiner Agentur initiierte. TotilasTas­sen und T-Shirts mit der Aufschrift „Champion“wurden produziert, eine eigene Internetse­ite gebastelt.

Schockemöh­le sieht das aus heutiger Sicht kritisch. „Die Vermarktun­g ist schief gelaufen. Sie ist auch deshalb schief gelaufen, weil die Erfolge ausblieben. Sicherlich hätte man am Anfang vielleicht nicht so viel trommeln, sondern auf die Ergebnisse warten sollen.“Zum ausbleiben­den Gold bei EM, WM und Olympia sagt Schockemöh­le:

„Das war ein gesundheit­liches Problem.“Immer wieder fiel Totilas aus. Das traurige Ende gab es 2015 bei der EM in Aachen, wo das Pferd wegen eines Knochenöde­ms vor den Einzelwett­bewerben zurückgezo­gen wurde.

Was macht Totilas jetzt? „Es geht ihm gut“, versichert Schockemöh­le. Er stehe auf dem Schafhof von Ann Kathrin Linsenhoff, die sich damals mit dem Erwerb der Sportrecht­e am Kaufpreis beteiligt hatte. Dort werde Totilas „jeden Tag spazieren geritten.“Er wird zur Zucht eingesetzt, was Schockemöh­le glücklich macht. „Ich bin nach wie vor froh, dass wir ihn gekauft haben, wir haben sehr, sehr gute Nachkommen“, sagte der Züchter aus Mühlen. Er verdient weiter. Die Decktaxe beträgt 2700 Euro. Nachkommen von Totilas lassen sich gut verkaufen oder versteiger­n. Den scheinbar utopischen Kaufpreis hat Schockemöh­le längst reingeholt.

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Dpa-BILD: Anspach

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