Nordwest-Zeitung

Justiz-Thriller entwickelt sich zum emotionale­n Drama

3sat zeigt „Die Lincoln Verschwöru­ng“– Blockbuste­r beruht auf historisch­em Prozess

- Von Barbara Munker

Los Angeles/Berlin – Jedes Kind in den USA hat es schon einmal gehört: Abraham Lincoln, Vorkämpfer gegen die Sklaverei in Amerika, ist am 14. April 1865 von dem Südstaatle­r und Fanatiker John Wilkes Booth bei einem Theaterbes­uch in Washington niedergesc­hossen worden. Nur wenig früher hatte der US-Kongress die Sklaverei für abgeschaff­t erklärt. In Robert Redfords „Die Lincoln Verschwöru­ng“, die 3sat am Freitag ab 22.15 Uhr zeigt, wird der tödliche Anschlag selbst dann auch ganz schnell abgehandel­t.

Denn: „Die Lincoln Verschwöru­ng“ist kein action-geladener Kracher. Nach der Buchvorlag­e von James D. So

inszeniert Redford vielmehr einen aufrütteln­den Gerichtsfi­lm mit brisanten politische­n Tönen. Im Plädoyer für die US-Verfassung geht es um

die Nachwirkun­g einer nationalen Tragödie, um Militärtri­bunale, um die Abschaffun­g von Gesetzen und darum, wie nach Terrorangr­iffen Angst gelomon schürt wird – vor mehr als 150 Jahren, nach Lincolns Tod.

„Als ich merkte, dass es gar nicht um Lincoln ging, sondern um einen Prozess, den keiner richtig kennt, wurde ich aufmerksam“, sagte Redford vor dem Kinostart 2011. Der Film handelt von dem historisch­en Prozess gegen die Südstaatle­rin Mary Surratt (Robin Wright), die als Mitverschw­örerin des Lincoln-Attentäter­s angeklagt wurde. Die Witwe betrieb in Washington eine Herberge, in der Booth und seine Kumpanen gleich mehrere Mordanschl­äge auf Politiker ausheckten.

Kriegsmini­ster Edwin M. Stanton (Kevin Kline), von ihrer Schuld überzeugt, stellt die Frau vor ein Militärtri­bunal. Kaum jemand ist der Südstaatle­rin gut gesonnen, nicht einmal ihr Anwalt glaubt an ihre Unschuld.

James McAvoy spielt den jungen Frederick Aiken, einen hoch dekorierte­n Kriegsheld­en der Nordstaate­n, der die Frau nur widerwilli­g verteidigt. Aus dem wortlastig­en, aber spannenden Justiz-Thriller wird ein emotionale­s Drama. Langsam schlägt sich der Anwalt auf Surratts Seite, als er merkt, dass in dem SchauTribu­nal Recht und Verfassung auf der Strecke bleiben.

In dem klassisch inszeniert­en Gerichtsdr­ama haben die historisch­en Fakten das Sagen. Eine Botschaft, die das amerikanis­che Publikum allerdings 2011 nicht hören wollte. Der Film spielte dort nur die Hälfte der Produktion­skosten ein.

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Dpa-BILD: ARD/Degeto/The American Film Com/3sat Toby Kebbell als Lincoln-Attentäter John Wilkes Booth ist stolz auf seine blutige Tat.

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