Abgeordnete sitzt Joe Biden im Nacken
Ocasio-Cortez treibende Kraft des linken Widerstandes in Demokratischer Partei
Washington – Joe Biden wird am 20. Januar 2021 als 46. USPräsident eingeschworen. Doch damit fangen seine Probleme erst an – vor allem, was die eigene Partei angeht. Zwar konnten die Demokraten das Repräsentantenhaus mit Mühe halten, doch sie dürften dort mit einem Verlust von bis zu 13 Sitzen eine der knappsten Mehrheiten seit dem Zweiten Weltkrieg haben.
Und das ist nur ein Teil der Herausforderung für Biden und Fraktionschefin Nancy Pelosi. Denn so offen wie selten zuvor werden derzeit Schuldzuweisungen formuliert und Attacken gefahren, die belegen, wie sehr der strategische Richtungsstreit zwischen progressiven Linken und der gemäßigten Mitte die Partei im Griff hält.
Künftige Präsidentin?
Der größte Stachel im Fleisch von Biden ist dabei die erst 31jährige New Yorker Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die es aufgrund ihrer Medienpräsenz sogar schon geschafft hat, dass manche Anhänger in ihr eine künftige Präsidentin sehen. Aus ihren sozialistischen Ideen macht die demokratische Kongressabgeordnete, die seit 2019 im Repräsentantenhaus sitzt, kein Geheimnis, wie ihre Forderungen für eine kostenlose Krankenversorgung für alle, eine staatliche ArbeitsplatzGarantie und die Abschaffung der Einwanderungsbehörde ICE belegen.
Und wie kaum eine andere Abgeordnete beherrscht Ocasio-Cortez es, auf der Klaviatur der sozialen Medien zu spielen. So machte sie durch ihre Online-Präsenz und in einem CNN-Interview keinen Hehl daraus, dass sie ihre Kollegen
nicht schonen wird. Sie beklagte offen den Mangel an Unterstützung aus den eigenen Reihen, der sie fast davon abgehalten hätte, sich 2020 erneut zur Wahl zu stellen.
Quartett polarisiert
Zusammen mit drei anderen weiblichen progressiven Abgeordneten gehört „AOC“, wie sie von den meisten Medien abgekürzt wird, zum sogenannten „Squad“. Einem Quartett, das mit aller Macht und der Hilfe der sozialen Plattformen Positionen vorantreiben will, die vielen gemäßigten Volksvertretern Bauchschmerzen bereiten und jetzt zum Verlust von Parlaments-Sitzen geführt haben – wie massive Kürzungen für die Polizeibehörden. Damit wollen OcasioCortez und andere Linke einen Kontrapunkt zum angeblich
„systematischen Rassismus“in den Reihen der Ordnungshüter setzen und auch die „Black Lives Matter“-Bewegung zufriedenstellen.
Große Aufgabe
Biden hat es im Wahlkampf stets abgelehnt, den Cops Gelder zu entziehen oder Polizeibehörden ganz aufzulösen.
„Wir haben keine verrückte sozialistische Agenda. Und wir glauben nicht, dass wir der Polizei die Finanzen entziehen müssen,“stellte sich Senator Joe Manchin aus West Virginia hinter Biden. Manchin fürchtet, wie andere, dass eine Umsetzung von als exzessiv empfundenen Forderungen beim Thema Rassen-Gerechtigkeit der Partei langfristig nur scha
den kann. Die sogenannten „Justice Democrats“und Ocasio-Cortez fordern dennoch, dass Biden sein Kabinett mit maßgeblichen Vertretern des progressiven Parteiflügels besetzt – darunter auch Bernie Sanders und Elizabeth Warren, die bei den Vorwahlen gegen Biden angetreten waren.
Biden, der das Land einen möchte, hat seine erste Hausaufgabe daher klar definiert bekommen: eine gespaltene Partei versöhnen. Schon an der Klimaschutzpolitik werden sich die Geister scheiden. Der von Ocasio-Cortez und anderen Linken geforderte „Green New Deal“würde am Ende höhere Energiekosten und ein Ende des Fracking bedeuten – und manche gemäßigte Abgeordnete bei den Kongress-Zwischenwahlen 2022 in ihren Bezirken verwundbar machen.