Länder für längeren Lockdown
Was Weil und seine Kollegen bei der Kanzlerin durchsetzen wollen
Hannover/Berlin – Die Hoffnung vieler Menschen auf ein baldiges Ende des Teil-Lockdowns wird sich angesichts hoher Infektionszahlen wohl zerschlagen. Nach Abstimmungen zwischen den Ländern zeichnete sich am Montag vielmehr eine Verlängerung der Schließungen in Gastronomie, Kultur- und Freizeitbereich um mindestens drei Wochen bis zum 20. Dezember ab. Im Gespräch waren zudem schärfere Kontaktbeschränkungen für private Treffen und eine erweiterte Maskenpflicht an Schulen.
Am Mittwoch steht die nächste Videokonferenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten der Länder an. Dort werden dann weitreichende Beschlüsse erwartet, die über den Dezember mit der Weihnachtszeit hinausgehen sollen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) erwartet dabei keine Lockerungen bei den CoronaSchutzmaßnahmen – im Gegenteil. „Es wird dabei sicherlich auch um Maßnahmen gehen, die durchaus noch über das hinausgehen, was wir derzeit haben“, sagte er am Montag. „Für Niedersachsen kann man sagen, dass wir zu den Ländern gehören mit einem deutlich unterdurchschnittlichen Infektionsgeschehen. Aber auch wir können noch nicht zufrieden sein, auch wir befinden uns noch um einiges oberhalb des Schwellenwerts 50.“
Eine Sieben-Tage-Inzidenz von 50 Fällen auf 100 000 Einwohner gilt als kritischer Schwellenwert. Am Montag lagen in Niedersachsen nach Angaben des Gesundheitsministeriums nur neun von 45 Gebieten unter dieser Marke – im Nordwesten gehören dazu die Kreise Friesland, Leer und Wittmund sowie die Stadt Wilhelmshaven. Gerechnet aufs ganze Land lag der Wert bei 103. Im Vergleich zum Vortag kamen 1118 nachgewiesene Corona-Fälle hinzu.
Auch Niedersachsens Vize-Ministerpräsident Bernd Althusmann (CDU) hält eine Verlängerung des coronabedingten Teil-Lockdowns für konsequent. Um den Präsenzunterricht in Schulen so lange wie möglich aufrechtzuerhalten, forderte er den vermehrten Einsatz von Corona-Schnelltests. „Auf diese Weise kann das Infektionsgeschehen besser überwacht und der Betrieb bestmöglich aufrechterhalten werden“, sagte Althusmann.
Die guten Nachrichten mehren sich. Der Tag X, an dem endlich der Startschuss für die ersten Corona-Impfungen fällt, rückt näher. Impfzentren werden aufgebaut und Helfer proben den Ernstfall. Auch wenn die Zahl der Neuinfektionen noch immer steigt und nicht zurückgeht, so ist es immerhin gelungen, das exponentielle Wachstum einzudämmen. All das macht Hoffnung, dass das 2021 wieder ein Stück Normalität zurückkehren wird.
Der Lockdown wirkt und hat dazu beigetragen, dass es hierzulande bisher keine Überforderung des Gesundheitswesens und keine Bilder wie aus anderen Ländern gibt, wo die Kliniken überfüllt sind und Patienten kaum noch versorgt werden können. Wir sind auf einem guten Weg, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagt.
Doch besteht trotz des berechtigten Optimismus kein Grund, jetzt im Kampf gegen das Virus nachzulassen und leichtsinnig zu werden. Im Gegenteil: Wenn jetzt in der Adventsund Weihnachtszeit angesichts der positiven Entwicklung die tödliche Gefahr nicht mehr ernst genommen wird, die Regeln wieder gekippt werden, droht schnell der nächste Rückschlag. Der Lockdown geht weiter.
Für Lockerungen der Beschränkungen ist es noch zu früh. Wenn Bund und Länder jetzt allerdings beim nächsten Gipfel über die Familienfeiern am Heiligabend und an den Weihnachtsfeiertagen Regie führen und die Zahl der Gäste strikt begrenzen und bestimmen wollen, geht dies zu weit und an der Lebenswirklichkeit vorbei.
Sollen Oma und Opa lieber zu Hause bleiben? Oder müssen die Enkel verzichten? Da werden die Regeln beim Fest der Liebe schnell unmenschlich. Auch ein generelles FeuerwerkVerbot lässt sich mit Corona nur schwer begründen und würde die Akzeptanz für den notwendigen Verzicht und die Freiheitseinschränkungen nicht unbedingt erhöhen.