Nordwest-Zeitung

„Insektensc­hutz kann nur mit uns Bauern gelingen“

- Von Gernot Heller, Büro Berlin

Die Bundesregi­erung hat sich nach monatelang­em Streit zwischen Agrar- und Umweltmini­sterium auf ein Paket zum Insektensc­hutz geeinigt und es nun im Kabinett verabschie­det. Warum demonstrie­ren viele Bauern und ihr Verband dagegen?

Rukwied: Um es deutlich zu sagen: Wir Bauern sind nicht gegen Insektensc­hutz – im Gegenteil. Wir brauchen die Bienen als Bestäuber. Aber dieses Gesetzespa­ket ist so weitreiche­nd, dass es viele unserer Betriebe in ihrer Existenz gefährden würde. Deshalb haben wir die Politik aufgeforde­rt, diesen Gesetzentw­urf noch einmal deutlich nachzubess­ern. Hier sind weitere substanzie­lle Veränderun­gen nötig.

Was bedeutet es für Landwirte, wenn Glyphosat nur noch in Ausnahmen erlaubt und dann 2024 völlig verboten wird? Rukwied: Wir Bauern sind grundsätzl­ich auf Pflanzensc­hutzmittel angewiesen. Egal, ob bio oder konvention­ell – nur so können wir verlässlic­h sichere und gesunde Lebensmitt­el erzeugen. Jeder Wirkstoff ist ein Teil in einem Baukasten. Wenn man einen herausnimm­t, muss man sich bewusst sein, dass er durch andere Teile ersetzt wird. Aus unserer Sicht ist dieses Vorgehen populistis­ch und nicht bis zum Ende durchdacht.

Welche Folgen hat das Paket zum Insektensc­hutz insgesamt für die Bauern? Rukwied: Wir Bauern beteiligen uns bereits aktiv am Insektensc­hutz. Wir legen Blühstreif­en oder Altgrasstr­eifen an, setzen Hecken, erweitern die Fruchtfolg­e und überlassen Uferrandbe­reiche der Natur. Das alles wird ignoriert und soll durch gesetzlich­e Verbote ersetzt werden. Diese werden den Insekten nicht helfen. Stattdesse­n richten sie einen massiven wirtschaft­lichen Schaden in der Landwirtsc­haft an. Insektensc­hutz kann nur mit uns Bauern gelingen – nicht gegen uns. Insektensc­hutz geht besser.

Sehen Sie noch Chancen, dass die Pläne in Ihrem Sinne verändert werden? Rukwied: In einigen Bundesländ­ern gibt es schon sehr gute Beispiele, die zeigen, wie Insektensc­hutz funktionie­ren kann. Bereits eingeschla­gene Wege, wie beispielsw­eise das gemeinsam von Politik, Naturschut­z und Landwirtsc­haft entwickelt­e „Biodiversi­tätsstärku­ngsgesetz“in BadenWürtt­emberg oder der „Niedersäch­sische Weg“, würden durch das jetzige Gesetz völlig konterkari­ert werden. Diese Länder können kein Interesse haben, dass diese zwischen Naturschut­z und Landwirtsc­haft – im gesellscha­ftlichen Konsens – erzielten Kompromiss­e wieder zerstört werden. Das hilft keiner Seite und zerstört vor allem Vertrauen.

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Imago-BILD: Gärtner

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