Wenig Glyphosat, mehr Biotope
Was das Gesetzespaket zum Insektenschutz bedeutet
Berlin – Lange wurde darum gerungen, im Vorfeld gab es nicht nur von Landwirten heftigen Gegenwind: Das Gesetzespaket zum Insektenschutz ist nun auf den Weg gebracht worden. Was genau soll sich ändern? Ein Überblick:
■ HANDLUNGSBEDARF
Insekten sind ein zentraler Teil der biologischen Vielfalt und spielen in den Ökosystemen eine wichtige Rolle. Ihr Bestand ist in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten stark zurückgegangen. Um diesem Trend Einhalt zu gebieten, hat das Bundeskabinett am 4. September 2019 das Aktionsprogramm Insektenschutz verabschiedet. Es ist die Grundlage für die nun im Bundeskabinett beschlossenen Maßnahmen. Da die Ursachen für das Insektensterben vielfältig sind, müssen sie auf mehreren Ebenen greifen.
■ NATURSCHUTZGESETZ
Das „Insektenschutzgesetz“, das für viele Diskussionen gesorgt hat, heißt eigentlich mittlerweile anders. Es handelt sich dabei um die Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes – den Teil des Paketes, den das Bundesumweltministerium federführend in der Hand hatte. Dieses soll für mehr geschützte Biotope sorgen. So sollen künftig auch artenreiches Grünland, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern zu den geschützten Biotopen zählen. Sie beherbergen viele Insektenarten. Auch der Einsatz von Bioziden – also Chemikalien zur Bekämpfung von Schädlingen – soll in bestimmten Schutzgebieten eingeschränkt werden. Das Gesetz muss noch den Bundestag passieren.
■ LICHTVERSCHMUTZUNG
Der Gesetzentwurf sieht vor, in Naturschutzgebieten und Nationalparks die Neuerrichtung bestimmter Beleuchtungen grundsätzlich zu verbieten. Darüber hinaus wird eine Grundlage dafür geschaffen, den Betrieb von Himmelsstrahlern stark einzuschränken und die Verwendung von „Insektenvernichterlampen“außerhalb geschlossener Räume zu untersagen.
■ PFLANZENSCHUTZ
Um den Teil PflanzenschutzAnwendungsverordnung, den das Bundesagrarministerium federführend erarbeitet hat und der noch den Bundesrat passieren muss, wurde bis zuletzt gerungen. Die Verordnung regelt den Einsatz von allen Pflanzenschutzmitteln jenseits von Bioziden – also auch den des umstrittenen Glyphosats. Ab 1. Januar 2024 soll der Einsatz von Glyphosat komplett verboten werden. Bis dahin gelten starke Einschränkungen und Teilverbote für gewisse Bereiche, etwa rund um Häuser und in Kleingärten sowie auf Flächen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, beispielsweise Parks.
■ SCHUTZGEBIETE
Auch in europäischen Schutzgebieten – den FFH-Gebieten – und nationalen Naturschutzräumen sollen künftig Verbote für Pflanzenschutzmittel gelten. Laut Bundesumweltministerium umfasst das Verbot 4,9 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen. Für die FFH-Gebiete sieht die Verordnung aber Ausnahmen vor: etwa für den Obst-, Gemüseund Weinanbau sowie für den Anbau von Hopfen. Für den Ackerbau in FFH-Gebieten bekommen Landwirte eine Frist bis zum 30. Juni 2024, um auf freiwilliger Basis Naturschutzmaßnahmen zu ergreifen. Vereinbarungen, die in den einzelnen Bundesländern zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln getroffen worden sind, bleiben von der neuen Verordnung unberührt.