„Mein Mörder weckt Sympathien“
Heute erscheint Klaus-Peter Wolfs neuer Krimi „Ostfriesenzorn“
Im Nordwesten – Vieles ist im Lockdown anders, aber das bleibt verlässlich: Seit 15 Jahren erscheint im Februar der neue Ostfriesenkrimi des Autors und unseres Kolumnisten Klaus-Peter Wolf. 160 000-mal wurde das an diesem Donnerstag erscheinende Buch vorbestellt. In „Ostfriesenzorn“geht es um die moralische Frage, ob Ermittlerin Ann-Kathrin Klaasen bei ihrem neuen Fall die Hilfe eines verurteilten Mörders annehmen kann oder nicht. Wir haben Wolf in seiner Heimat Norden getroffen und den 67-Jährigen erzählen lassen.
Klaus-Peter Wolf über…
■ … seinen Mörder Dr. Sommerfeldt: „Ich habe viele Zuschriften bekommen, von Fans, die wissen wollten, wie es mit ihm weitergeht. Aber ich konnte ja schlecht den vierten Teil einer Trilogie schreiben. Also habe ich mir gedacht: Diese Figur gehört doch zu meinem ostfriesischen Kosmos dazu, ich baue sie in die Ostfriesenkrimis ein. Jetzt beherrscht er direkt die ganze Handlung. Er hält sich eben nicht an Regeln. Sommerfeldt polarisiert und weckt als Mörder sogar Sympathien bei ehemaligen Mordermittlern. Eine widersprüchliche Figur, die die Frage nach Gut und Böse ständig neu diskutieren lässt. Er will die Welt letztlich einfach besser machen.“
■ …reale Menschen in fiktiven Geschichten: „Das Leben, das ich führe, ist der Steinbruch für die Bücher. Aus dem, was ich sehe, was ich esse, was ich fühle, mache ich am Ende Literatur. Nur kommt eben noch eine fiktionale Eben hinzu. Seit 20 Jahren bevölkern vor allem Millionäre und Intellektuelle die Literatur. So ist aber die Welt nicht. Ich wollte also irgendwann über einen Handwerker schreiben, der stolz auf seine ehrliche Arbeit ist und Frau und Kind hat. Der Entschluss stand, aber bevor ich anfangen konnte, schleppte mich meine Frau
noch zu unseren Nachbarn zum Grillabend. Und da stand er dann am Grill, ein Kerl wie ein Baum mit Händen wie Bratpfannen. Peter Grendel passte perfekt in das Bild, das ich entworfen hatte. Damit fing es an. Wie dann alles explodiert ist, konnte ja keiner ahnen. Aber es kamen immer mehr, wie die Tappers vom Café ten Cate, der Journalist
Holger Bloem oder – jetzt neu – Moderatorin Judith Rakers.“
■ …Ostfriesenkrimis im Jahrestakt: „Die Figuren sind alle extrem aufgeladen mit eigenen Geschichten, die sich weiterentwickeln. Häufig weiß ich beim Schreiben noch gar nicht vorher, wie es mit ihnen weitergeht, sondern versuche die Welt durch die Augen der
Protagonisten zu sehen. So fällt mir auch von Buch zu Buch das Schreiben leichter. Als bei ,Ostfriesenzorn‘ der Mörder Dr. Sommerfeldt in die Geschichte einzog, hatte ich das Gefühl, ich kann dem Füller beim Schreiben zusehen. Die Story kam von allein.“
■ …Output: „Ich schreibe schon an Nummer 16 mit dem
Titel ,Ostfriesensturm‘. Wenn alles glatt läuft, erscheint der im Februar 2022. Der Lockdown hilft mir dabei, noch intensiver in die Figuren einzutauchen. Ich habe viel Zeit, mir die Schauplätze genau anzuschauen. Ansonsten ist mein Kalender tatsächlich so leer wie schon lange nicht mehr und ich bin froh, nicht in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in der Großstadt zu sein, am besten noch mit zwei Kindern im Homeschooling. Das ist nicht zu beneiden.“
■ …Lesungen: „Alles, was geplant war, fällt aus. Wir haben 2020 rund 42 000 Eintrittskarten zurückgegeben. Es gibt keine Planungssicherheit und ich kann nicht sagen, wann wieder was geht. Selbst wenn wir jetzt dürften, würde es ja keinen Sinn machen. Ich will ja nicht der sein, der einen Hotspot auslöst. Die digitale Lesung in der kommenden Woche finde ich daher wirklich ganz großartig. Mich wundert, dass öffentlichrechtliche Sender so was jetzt nicht anbieten. Wäre doch genau die richtige Zeit dafür.“