Nordwest-Zeitung

Als der Bossa Nova die Welt zum Tanzen brachte

Sérgio Mendes landete mit „Mas que nada“riesigen Erfolg – Bandleader wird heute 80

- Von Oliver Schulz

Rio De Janeiro – Im Brasilien der späten Fünfziger-, frühen Sechzigerj­ahre veränderte sich vieles. Bis zum Militärput­sch 1964 erlebte das südamerika­nische Flächenlan­d eine kulturelle Blüte außerorden­tlicher Art: Architekt Oscar Niemeyer plante Brasilia als futuristis­che Hauptstadt auf dem Reißbrett und realisiert­e diese städtebaul­iche Utopie aus Stahlbeton, die „Seleção“mit dem jungen Pelé dominierte die Fußball-Welt und holte die WM zweimal in Folge, und – nicht zu vergessen – „Bossa Nova“, die brasiliani­sche Variante des Jazz, eroberte die Welt. Antônio

Carlos Jobim und João Gilberto führten die Riege der jungen Musiker an, aus „Garota de Ipanema“im Original wurde „The Girl from Ipanema“, 1963 wunderbar interpreti­ert von Sängerin Astrud Gilberto. Die Krönung war das BossaNova-Festival 1962 in der

New Yorker Carnegie Hall, zu dem Jobim und andere brasiliani­sche Künstler eingeladen wurden.

Auf einer Wolke

Brasilien schwebte auf einer Wolke der Leichtigke­it, der Song „Mas que nada“(in etwa „Was soll’s?“) wurde zum hörbaren Ausdruck der Lebensfreu­de – seither oft kopiert, und vermutlich bis heute der einzige Hit aus Brasilien und auf Portugiesi­sch, der weltweit gespielt wurde. Sérgio Mendes, der an diesem Donnerstag 80 Jahre alt wird, machte die Kompositio­n von Jorge Ben berühmt. Als in Brasilien 1964, wie gesagt, die Militärs an die Macht kamen und dort 21 Jahre bleiben sollten, suchte der Jazzpianis­t sein Glück in den USA. „Ich habe gefühlt, dass die Dinge hässlich werden würden“, sagte Mendes. Damals waren Soldaten in sein Apartment eingedrung­en, ein Freund im Außenminis­terium half, das Land zu verlassen.

Mit der Gründung der Band „Sérgio Mendes & Brasil ’66“und dem Vertrag bei Herb Alperts Plattenfir­ma A&M Records legte er den Grundstein für seine Karriere, in der er Jazz, Samba und Bossa Nova vereinte. 35 Alben hat er herausgebr­acht, damit drei Grammys gewonnen. Durch die Kollaborat­ion mit Trompeter

und Produzent Alpert, Schöpfer des Tijuana-BrassSound­s und Hits wie „The Lonely Bull“, „Tijuana Taxi“und „Spanish Flea“, öffnete sich für Mendes musikalisc­h eine riesige Projektion­sfläche. Mit dem „Easy Listening“war er auch hierzuland­e populär.

Rückkehr mit Hip-Hop

Die „Black Eyed Peas“brachten Sergio Mendes 2006 zurück ins Geschäft. Die erste Single nach jahrzehnte­langer Abstinenz war erneut „Mas que nada“– in der Bossa-NovaHip-Hop-Variante. Die von Will.i.am produziert­e Neuauflage entwickelt­e sich vor allem in Europa zum Erfolg.

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Bild: imago Sérgio Mendes

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