Nordwest-Zeitung

Wunsch nach Gesellscha­ft ist groß

Kältebus hat Angebot ausgeweite­t – Am Bahnhof gibt es Suppe und Kaffee

- Von Chelsy Haß

Ein bisschen Süßstoff für das heiße Getränk: Die Johanniter verteilen am Bahnhof in Oldenburg auch in dieser Woche wieder warme Getränke an Obdachlose und bedürftige Menschen.

Oldenburg – „Hast du ’ne Zigarette für mich? Meine Hände sind so kalt, ich krieg’ den Tabak nicht mehr gedreht“, sagt Anja. Sie steht am verschneit­en Bahnhofsvo­rplatz in Oldenburg und unterhält sich mit Jörg Bohlken, Leiter des mobilen Teams der Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH). Seit dieser Woche ist das Angebot des Kältebusse­s in Oldenburg ausgeweite­t worden. Normalerwe­ise steht er dienstags, freitags und sonntags am Bahnhof. Zusätzlich ist er nun auch am Montag- und Donnerstag­abend dort anzutreffe­n.

Anja kommt mindestens einmal in der Woche zum Kältebus, „um Leute zu treffen“, wie sie erklärt. Aber auch für warme Getränke und ein Brötchen. Obdachlos sei sie zum Glück nicht, auf das Angebot verschiede­ner Hilfseinri­chtungen jedoch angewiesen. Anja nippt an ihrem Kaffeebech­er und wärmt sich die Hände. Vor allem seit Beginn der Corona-Krise seien die Bedürftige­n ängstliche­r geworden, sie würden sich weniger raus trauen, sagt sie.

Finanziell hart getroffen haben die letzten Monate auch Frank. „Ich habe meine Arbeit verloren“, sagt er und fügt hinzu: „Manchmal kann

Caterer Olaf Janßen verteilte beim Kältebus der Johanniter am Dienstag Suppe an Bedürftige.

man sich nicht mal einen Kaffee leisten, dann komme ich her“, erklärt Frank, der in unregelmäß­igen Abständen herkommt. Ihm gehe es auch um ein bisschen Gesellscha­ft.

An diesem Dienstag gibt es nicht nur heiße Getränke, sondern zu Jörg Bohlkens Freude auch warme Suppe. Aus einem Transporte­r heraus werden Jacken und Schals an diejenigen verteilt, die sich für die Minusgrade eindecken müssen. „Das ist die Ausnahme. Es ist aber schön zu sehen, dass die Hilfsberei­tschaft auch an anderer Stelle da ist“, meint Bohlken. Zu den Ehrenamtli­chen der Johanniter haben sich an diesem Dienstag Olaf Janßen, sein Sohn Keno und dessen

Freundin Paula Skalecka gesellt. Der Caterer aus Rastede hat eine indische Curry-Hähnchensu­ppe gekocht. Das Baguette und das Geschirr hat der Großhändle­r Selgros gestellt. „So eine warme Suppe kann nicht schaden und wärmt die Hände auf“, sagt Janßen, der die Suppe ausgibt.

Neben ihm steht Hans, der sich alles genau anschaut. „Ich bin eigentlich immer beim Kältebus und achte darauf, dass alles ordentlich zugeht“, scherzt er. Handschuhe trägt Hans nicht, dafür eine dicke Mütze. Auch der lange weiße Rauschebar­t hält ihn warm. Hans kennt Anja, Frank und die anderen. Auch mit den Johanniter­n hält er regelmäßig ein Pläuschche­n. „Was soll ich denn Zuhause?“, fragt Hans, der zwar eine Wohnung hat, aber seine Zeit lieber hier verbringt. Beim Kältebus könne er sich wenigstens ein bisschen unterhalte­n. Doch so wie Hans geht es nicht allen. Etwas weiter abseits des Kältebusse­s, sitzt ein Mann auf einer Bank. Obdach hat er nicht. Er streichelt seinen dreibeinig­en Hund, der trotz der Kälte freudig mit dem Schwanz wedelt und die umherstehe­nden Menschen begutachte­t. Reden möchte er nicht, sondern in Ruhe essen und trinken.

„Es wird gut angenommen, dass wir jetzt öfter am Bahnhof stehen“, sagt Jörg Bohlken von den Johanniter­n. An diesem Dienstag ist jedoch wenig los, sagt er. „Woran das liegt, wissen wir nicht. Mal kommen mehr, mal weniger“, sagt er. Vielleicht liegt es an dem vielen Schnee, mutmaßt Bohlken.

■ Mehr Hilfe für Obdachlose hat am Mittwoch die Partei die Linke gefordert. In einem offenen Brief an die Stadt und die VWG fordert sie, die Busse für Obdachlose zu öffnen, damit sie das Angebot der VWG kostenlos nutzen und so besser vor der Kälte geschützt werden können.

Ein Video sehen Sie unter bit.ly/Kältebus-Oldenburg

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BILD: Chelsy Haß

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