„Online live“durchs Stadtmuseum
Verein der Freunde und Förderer bittet Kuratorin um Präsentation der Postkarten-Ausstellung
Oldenburg – Im Oldenburger Stadtmuseum ist zum Jubiläum der Postkarten-Erfindung eine wunderbare Ausstellung aufgebaut, die wohl aufgrund der Corona-Pandemie nie besucht werden kann (das Museum wird demnächst für einen Neubau abgerissen).
Eine bittere Erfahrung, auch für den Verein Freunde und Förderer des Stadtmuseums Oldenburg, der nun aber am Dienstagabend mit einer „online-live-Einführung“in die Ausstellung technisches Neuland betreten hat. Zehn Vereinsmitglieder ließen sich von der Kuratorin der Ausstellung, Hedwig Vavra-Sibum, den Siegeszug der Postkarte nachzeichnen – „Von Oldenburg in die Welt – 150 Jahre Ansichtskarte“lautet deren Titel.
Die digitale Führung kann kein Ersatz für den persönlichen Besuch des Museums sein, weiß Vereinsvorsitzende Inge von Danckelman, doch gewährt sie zumindest einen kleinen Einblick. 19 000 Postbeziehungsweise Ansichtskarten befinden sich im Bestand des Stadtmuseums. In der Ausstellung dargestellt sind mit rund 300 Karten die Themenfelder Sensationen, Liebesgrüße, Glückwünsche, Frauen, Männer, Karikatur und Scherz, Propaganda, Künstlerkarten oder auch das
Soldatenleben. Selbst Unfälle wurden auf Karten abgebildet und als Nachricht verschickt, Zirkusauftritte angekündigt oder Werbung für Restaurants und Gaststätten gemacht.
Und: Die Motiv-Postkarte wurde in Oldenburg erfunden, von August Schwartz, so Vavra-Sibum. Es war der 16. Juli 1870, als der Oldenburger Drucker, Buchhändler und Verleger seinen Schwiegereltern nach Magdeburg schrieb. Den Gruß verschickte er mit einer
Correspondenzkarte des erst 1868 eingeführten Norddeutschen Postbezirks und versah sie links oben in der Ecke mit dem Klischee einer kleinen Abbildung eines Kanoniers. Die war zwar kaum größer als die Briefmarke selbst, sollte aber eine bahnbrechende Entwicklung in Gang setzen – die Bildpostkarte war erfunden. An der Video-Konferenz nahm auch der in Oldenburg lebende Urenkel des Postkarten-Erfinders, Hans-Richard
Schwartz, teil, der zudem Erster stellvertretender Vorsitzender des Vereins ist.
300 Postkarten sind ausgestellt, die nun der breiten Öffentlichkeit vermutlich vorenthalten bleiben. Es sind vor allem Zeitdokumente, die ausgestellt werden. Viele Stadtansichten sind dabei, die heute noch als beliebtes Motiv taugen – das Schloss, das Alte Rathaus, der Marktplatz, die Alte Post, das Staatstheater. Aber auch Zeugnisse großer Ereignisse
wie die Landesausstellung aus dem Jahr 1905 auf den Dobbenwiesen. Die Post ging in großen Städten bis zu sieben Mal am Tag ab. Wer im Besitz vieler an ihn adressierter Postkarten war, galt damals als sehr beliebt, weiß Hedwig Vavra-Sibum – heute zu vergleichen mit der KlickZahl zu Postings oder den Followern im Internet. Um 1900 herum überschwemmten die Karten dann die Briefkästen – später auch als Feldpostkarte.