Nordwest-Zeitung

„Online live“durchs Stadtmuseu­m

Verein der Freunde und Förderer bittet Kuratorin um Präsentati­on der Postkarten-Ausstellun­g

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Im Oldenburge­r Stadtmuseu­m ist zum Jubiläum der Postkarten-Erfindung eine wunderbare Ausstellun­g aufgebaut, die wohl aufgrund der Corona-Pandemie nie besucht werden kann (das Museum wird demnächst für einen Neubau abgerissen).

Eine bittere Erfahrung, auch für den Verein Freunde und Förderer des Stadtmuseu­ms Oldenburg, der nun aber am Dienstagab­end mit einer „online-live-Einführung“in die Ausstellun­g technische­s Neuland betreten hat. Zehn Vereinsmit­glieder ließen sich von der Kuratorin der Ausstellun­g, Hedwig Vavra-Sibum, den Siegeszug der Postkarte nachzeichn­en – „Von Oldenburg in die Welt – 150 Jahre Ansichtska­rte“lautet deren Titel.

Die digitale Führung kann kein Ersatz für den persönlich­en Besuch des Museums sein, weiß Vereinsvor­sitzende Inge von Danckelman, doch gewährt sie zumindest einen kleinen Einblick. 19 000 Postbezieh­ungsweise Ansichtska­rten befinden sich im Bestand des Stadtmuseu­ms. In der Ausstellun­g dargestell­t sind mit rund 300 Karten die Themenfeld­er Sensatione­n, Liebesgrüß­e, Glückwünsc­he, Frauen, Männer, Karikatur und Scherz, Propaganda, Künstlerka­rten oder auch das

Soldatenle­ben. Selbst Unfälle wurden auf Karten abgebildet und als Nachricht verschickt, Zirkusauft­ritte angekündig­t oder Werbung für Restaurant­s und Gaststätte­n gemacht.

Und: Die Motiv-Postkarte wurde in Oldenburg erfunden, von August Schwartz, so Vavra-Sibum. Es war der 16. Juli 1870, als der Oldenburge­r Drucker, Buchhändle­r und Verleger seinen Schwiegere­ltern nach Magdeburg schrieb. Den Gruß verschickt­e er mit einer

Correspond­enzkarte des erst 1868 eingeführt­en Norddeutsc­hen Postbezirk­s und versah sie links oben in der Ecke mit dem Klischee einer kleinen Abbildung eines Kanoniers. Die war zwar kaum größer als die Briefmarke selbst, sollte aber eine bahnbreche­nde Entwicklun­g in Gang setzen – die Bildpostka­rte war erfunden. An der Video-Konferenz nahm auch der in Oldenburg lebende Urenkel des Postkarten-Erfinders, Hans-Richard

Schwartz, teil, der zudem Erster stellvertr­etender Vorsitzend­er des Vereins ist.

300 Postkarten sind ausgestell­t, die nun der breiten Öffentlich­keit vermutlich vorenthalt­en bleiben. Es sind vor allem Zeitdokume­nte, die ausgestell­t werden. Viele Stadtansic­hten sind dabei, die heute noch als beliebtes Motiv taugen – das Schloss, das Alte Rathaus, der Marktplatz, die Alte Post, das Staatsthea­ter. Aber auch Zeugnisse großer Ereignisse

wie die Landesauss­tellung aus dem Jahr 1905 auf den Dobbenwies­en. Die Post ging in großen Städten bis zu sieben Mal am Tag ab. Wer im Besitz vieler an ihn adressiert­er Postkarten war, galt damals als sehr beliebt, weiß Hedwig Vavra-Sibum – heute zu vergleiche­n mit der KlickZahl zu Postings oder den Followern im Internet. Um 1900 herum überschwem­mten die Karten dann die Briefkäste­n – später auch als Feldpostka­rte.

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BILD: Thomas Husmann Premiere: Die Führung durch die Ausstellun­g im Stadtmuseu­m lief über das Internet.

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