Nordwest-Zeitung

Kabine ist Zufluchtso­rt vor eisiger Kälte

So kommen Lkw-Fahrer bei den extremen Wetterverh­ältnissen durch die Nacht

- Von Linda Vogt

Der US-Schauspiel­er Justin Hartley („This Is Us“) hat seiner 16 Jahre alten Tochter das Autofahren beibringen wollen – und dabei nach eigenen Worten Todesängst­e durchlitte­n. „Es ist das Schlimmste auf der Welt“, sagte der 44-Jährige am Dienstag in der „Late Night“-Talkshow mit Seth Meyers. Es gebe nichts Furchterre­genderes, als sein 16 Jahre altes Kind, das nichts über das Fahren wisse, hinter das Lenkrad zu setzen. Einmal habe er sich gerade entspannt und auf dem Beifahrers­itz Süßigkeite­n gegessen, und als er wieder hochschaut­e, fuhr seine Tochter gerade „unbekümmer­t“über eine rote Ampel, erzählte Hartley. „Ich schaute sie an und sagte: Das hätte mein letztes Gummibärch­en sein können!“

Garbsen – Auf minus zwölf Grad ist die Temperatur schon gefallen. Die Nacht auf dem verschneit­en Rastplatz bei Hannover soll noch eisiger werden. „Das Wetter ist extrem. Das hatten wir so glaube ich das letzte Mal vor zehn Jahren“, sagt Lastwagenf­ahrer Udo Haupt, seit 30 Jahren beruflich auf Fernstraße­n unterwegs. Der 50-Jährige hat am Nachmittag vorerst aufgegeben, gegen die Witterung auf der A2 zu kämpfen.

Fahrzeug rutscht

Sonntagabe­nd startete seine Tour von Freiburg in Baden-Württember­g nach Hildesheim. Extreme Schneeverw­ehungen sorgten für Chaos auf den Straßen. Für einen Streckenab­schnitt von 30 Kilometern sollte Haupt in dieser Nacht neun Stunden brauchen. Am Dienstag machte

Glätte ein Vorankomme­n auf vielen Autobahnab­schnitten kaum möglich. „Da fuhr heute Morgen ein Kollege mit seinem Sattelzug vor mir. Wenn der auf die Bremse drauf ging, konnte ich zusehen, wie der sich nach rechts wegbewegte. Das war schon ein Szenario.“

Am Abend läuft in seiner Fahrerkabi­ne der Fernseher. Zu Essen gibt es Aufbrühsup­pen – Mikrowelle und Wasserkoch­er gehörten zur Grundeinri­chtung in vielen Fahrerkabi­nen, erzählt Haupt. Die kommen im Winterchao­s ebenso gelegen wie die Standheizu­ng, die seine Kabine auf 20 Grad erwärmt. „Die läuft heute Nacht durch, sonst kannst du es vergessen.“

Das Rasthaus Garbsen Nord ist zwar erleuchtet, die Türen aber verschloss­en. „Sanitäre Einrichtun­gen, Snacks und Getränke finden Sie an unserer Tankstelle“, steht auf einem Zettel auf deutsch und englisch an der Tür – Grundfende­n

Lastkraftw­agenfahrer, hier auf der Raststätte Garbsen Nord, erwischt der Wintereinb­ruch besonders hart.

versorgung in Pandemieze­iten.

Auch Haupts Kollege David aus Georgien heizt hinterm Steuer hoch. Als der 41-Jährige das Fenster runterläss­t, gefriert dem Mann im T-Shirt der Atem. Die Lage sei verrückt,

sagt er. Seit zehn Tagen ist er auf Tour und hofft, bald zurück bei der Spedition in Polen zu sein. Aber eigentlich kein Problem, er sei ein AllesFahre­r, erklärt David.

Weniger locker wirken die Autofahrer, die an dem zulau

Rastplatz zwischen den Lastwagen feststecke­n. Die Auffahrt zur Autobahn ist zugeparkt und von hinten folgen Dutzende weitere Lkw, deren Fahrer einen Ruheplatz für die Nacht suchen.

Schlaf auf Standstrei­fen

Andernorts auf der A2 – zwischen Braunschwe­ig und Helmstedt – standen zahlreiche Lastwagen auf dem Standstrei­fen, weil Autobahnau­sfahrten und Parkplatza­uffahrten unbefahrba­r waren.

In Göttingen registrier­te der Deutsche Wetterdien­st (DWD) in der Nacht zu Mittwoch mit minus 23,1 Grad die tiefste Temperatur in Niedersach­sen. Laut dem Wetterdien­stleister Meteogroup wurden in Wetze sogar minus 27,1 Grad gemessen – und damit den Angaben zufolge ein Tiefstwert in ganz Deutschlan­d. Der DWD betreibt an diesem Ort keine Messstatio­n.

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Dpa-BILD: Spata „Das Wetter ist extrem“, sagt Lkw-Fahrer Udo Haupt. Er kämpft gegen die eisige Witterung auf den Autobahnen.
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Dpa-BILD: Spata
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