Nordwest-Zeitung

Die Mängellist­e der Bundeswehr

Eva Högl listet Versäumnis­se und Missstände auf – Corona als Herausford­erung

- Von Carsten Hoffmann Und Ulrich Steinkohl

Berlin – Die Wehrbeauft­ragte des Bundestage­s, Eva Högl, hat die Art der Aufklärung von Vorfällen im Kommando Spezialkrä­fte (KSK) deutlich kritisiert. Bei der Vorstellun­g ihres Jahresberi­chts zeigte sie sich am Dienstag „irritiert“, dass eine „Amnestie“für die Rückgabe von Munition im Zwischenbe­richt zu Reformen der Eliteeinhe­it nicht genannt wurde. Der Vorwurf belaste den gesamten Prozess erheblich. „Wir brauchen die Aufklärung aller Sachverhal­te im KSK und absolute Transparen­z“, verlangte die SPD-Politikeri­n.

Das KSK ist in den vergangene­n Jahren von mehreren Skandalen erschütter­t worden, bei denen es auch um rechtsextr­emistische Vorfälle ging. Seit vergangene­r Woche steht KSK-Kommandeur Markus Kreitmayr, der an der Spitze eines Reformprog­ramms steht, in der Kritik. Dem Brigadegen­eral wird angelastet, dass Soldaten gehortete oder womöglich auch entwendete Munition in Kisten werfen konnten, ohne dass dies weitere Konsequenz­en hatte.

Eva Högl sprach in ihrem Wehrberich­t zudem folgende Themen an:

■ Rechtsextr­emismus

Die Zahl neuer Verdachtsf­älle von Rechtsextr­emismus in der Bundeswehr ist im vergangene­n Jahr auf 477 gestiegen, sagte Högl unter Berufung auf Zahlen des Militärisc­hen Abschirmdi­enstes (MAD). Im Jahr zuvor waren es 363 neue Verdachtsf­älle. Der Anstieg zeige, dass beim Thema Rechtsextr­emismus weiter Handlungsb­edarf bestehe, so Högl. Auch im Bereich der Reichsbürg­er nahmen die Fälle zu – von 16 im Jahr 2019 auf nun 31. Im „Phänomenbe­reich“Islamismus sank die Zahl dagegen von 77 auf nun 48.

■ Corona-Pandemie

In ihrem Bericht hielt Högl auch fest, dass die Amtshilfe in der Corona-Pandemie die Bundeswehr vor eine „riesige Herausford­erung“gestellt hat. „Das vorbildlic­he Engagement bei der Amtshilfe sollte durch eine Einsatzmed­aille ausgezeich­net werden“, so Högl. „Wo zivile Institutio­nen und Strukturen an ihre Grenzen kommen, kann die Bundeswehr unterstütz­en, sie kann die personelle­n Defizite jedoch nicht ersetzen. Wir sollten prüfen, wie der Bevölkerun­gsschutz und die Katastroph­enhilfe verbessert werden können.“

■ Personal

Die Zahl der Neueinstel­lungen sei im Jahr 2020 zurückgega­ngen – „sicherlich auch pandemiebe­dingt“, schrieb Högl weiter. Die Bundeswehr habe 16 430 Männer und Frauen neu hinzugewon­nen, 19 Prozent weniger als im Vorjahr.

■ Material

Scharf kritisiert­e Högl die Ausstattun­g der Bundeswehr: „Zu wenig Material, zu wenig Personal, zu viel Bürokratie. Das ist inakzeptab­el.“Und auch die ausufernde Bürokratie selbst bei einfachste­n Beschaffun­gen sei ein Ärgernis.

■ Drohnen

Die SPD-Politikeri­n plädierte für eine Bewaffnung von Drohnen – ein von ihrer Partei gestopptes Vorhaben. „Die Bundeswehr wartet dringend auf diese Fähigkeit“, sagte sie. Sie bedauerte, dass sich die SPD entschiede­n habe, „weiter zu diskutiere­n“. Über die Frage wurde „seit fast zehn Jahren eine sachgerech­te, differenzi­erte, transparen­te und ausführlic­he Debatte geführt“, wurde im Bericht betont.

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Dpa-BILD: Kumm Da gibt es wenig zu beschönige­n: Eva Högl (SPD), Wehrbeauft­ragte des Bundestags, stellt bei der Bundespres­sekonferen­z ihren ersten Jahresberi­cht zur Lage der Bundeswehr vor. Auch dieser Wehrberich­t ist wieder eine Mängellist­e.

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