Es geht um den Generalkurs
Die schwarz-rote Koalition gerät mehr und mehr ins Fahrwasser des Bundestagswahlkampfes. Diesmal geht es um den Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der so genannten „Fünf Wirtschaftsweisen“– den als stramm marktorientiert geltenden Freiburger Professor Lars Feld. Der sitzt schon zehn Jahre in diesem vielleicht wichtigsten Beratergremium der Regierung und sollte dort auch nach Auffassung der Unionsparteien weitere Jahre bleiben. Doch das wollten die Sozialdemokraten um ihren Vizekanzler und Kanzlerkandidaten Olaf Scholz nun gar nicht. Konsequenterweise versagten sie ihm die Vertragsverlängerung. Die SPD hatte zwar bekannte und angesehene Alternativen für Feld präsentiert, doch die waren CDU und CSU nicht genehm.
Man könnte das abtun unter der Rubrik klein karierter Personal-Streit. Doch dahinter steckt mehr. Denn es geht um die Grundsatzfrage, wie in unserem Land die Wirtschafts- und vor allem die Finanzpolitik im weiteren Verlauf und nach der Corona-Krise aussehen sollte. Das sagen die Beteiligten ganz offen hinter vorgehaltener Hand.
Würde man statt des Wirtschaftsliberalen Feld, der von zu viel Staat nicht viel hält und der großes Schuldenmachen nur zeitlich befristet für hinnehmbar hält, einen Verfechter eines starken Staates mit wenig Liebe für die Schuldenbremse setzen, wie Fratzscher, so wäre das für die Union ein „völlig falsches Signal“, wie ein Akteur sagt. Es geht also um eine Richtungsentscheidung – und bei denen gibt es in Wahlkampfzeiten besonders wenig Raum für Kompromisse.
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