Leitfaden soll Museen bei Aufarbeitung helfen
In fast jeder Sammlung lagern verdächtige Stücke – Es geht aber nicht nur um Rückgabe
Berlin/Bremen – Mit einer „neuen Ethik“soll das koloniale Erbe in deutschen Museen aufgearbeitet werden – unter Federführung der Direktorin des Bremer Übersee-Museums, Prof. Dr. Wiebke Ahrndt, ist dazu ein Leitfaden überarbeitet worden. Der in Berlin vorgestellte Verhaltenskodex zum „Umgang mit Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“soll Informationen und Praxishinweise für Museen liefern. Die Zahl der Objekte aus kolonialen Zusammenhängen in den Museen konnte Ahrndt nicht beziffern. Es gebe kaum ein Museum ohne solche Objekte, in einem Haus wie dem von ihr geleiteten ÜberseeMuseum gehe es um drei Viertel der Bestände.
„Der Prozess wird nur funktionieren, wenn er glaubwürdig ist“, sagte der Präsident
des Deutschen Museumsbundes, Eckart Köhne. Aus seiner Sicht müssten die Erwerbshintergründe nach neuen Maßstäben beurteilt werden. Dabei gehe es um ethische, nicht um juristische Fragen. „Das ist keine kurzfristige Lösung, sondern ein Prozess“.
Zur Debatte um Restitutionen verwies Günter Winands, Amtschef von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), auf neue Regelungen. „Rückgaben scheitern nicht am Haushaltsrecht“, sagte Winands. Bisher mussten Museen in solchen Fällen den Wert von Kolonialobjekten innerhalb ihrer Etats berücksichtigen.
Mit dem Leitfaden sollen Museen ermutigt werden, sich mit ihrem kolonialen Erbe auseinanderzusetzen. Träger und Kulturpolitiker sollen die Häuser finanziell und personell in die Lage versetzen, die Aufarbeitung des kolonialen Erbes als dauerhafte Aufgabe zu verankern.
Die Direktorin des ÜberseeMuseums machte klar, dass die in Deutschland intensiv diskutierte Frage von Restitutionen in vielen Herkunftsgesellschaften oft keine Rolle spiele. Es gehe meist um Kontakt, Wissensaustausch, Einblicke und Zusammenarbeit, so Ahrndt.