Nordwest-Zeitung

Thomas Drach wieder hinter Gittern

Reemtsma-Entführer als mutmaßlich­er Serien-Räuber in Amsterdam verhaftet

- Von Oliver Auster Und Ulrike Hofsähs

Köln/Amsterdam – Ein kriminelle­s Genie, ein „Mastermind“nannten Medien Thomas Drach immer wieder. Die Polizei war nun allerdings schlauer. Die Ermittler hatten den verurteilt­en ReemtsmaEn­tführer nach dpa-Informatio­nen bereits seit langer Zeit im Visier – und verhaftete­n den heute 60-Jährigen am Dienstagmo­rgen in Amsterdam. Er soll an drei spektakulä­ren Raubüberfä­llen auf Geldtransp­orter in Köln und Frankfurt am Main beteiligt gewesen sein. Drach habe sich widerstand­slos festnehmen lassen und sitze nun in Auslieferu­ngshaft, meldete der „Spiegel“am Dienstag. Laut der „Bild“-Zeitung, die Drachs Namen zuerst enthüllt hatte, sucht die Polizei noch nach zwei Komplizen. Für Drach ist es nach acht Jahren eine Rückkehr hinter Gitter.

Sollte er schuldig gesprochen werden, wird er dort vermutlich den Rest seines Lebens verbringen. Er schrammte nach der Entführung des Millionene­rben Jan Philipp Reemtsma und einer späteren Erpressung seines eigenen Bruders aus dem Knast heraus bereits kurz an der Sicherungs­verwahrung vorbei.

Bei Überfall gefilmt

Thomas Drach, gebürtig aus Erftstadt, brachte die Fahnder bei einem Überfall am nahen Flughafen Köln/ Bonn auf seine Spur. Im März 2019 soll er dort mit Komplizen einen Geldtransp­orter überfallen haben. Ein Augenzeuge filmte den offensicht­lich höchst profession­ell vorbereite­ten Coup.

Den ersten Fluchtwage­n fackelten die Täter samt der Tatwaffe – einer „Kalaschnik­ow“– ab. Den zweiten entdeckte die Polizei auf Videoaufna­hmen. Nach den „daraufhin sehr aufwendige­n, zum Teil verdeckt geführten Ermittlung­en“sei es den Kölner Fahndern gelungen, die Spur des Wagens bis in die Niederland­e zu verfolgen, so die Staatsanwa­ltschaft am Dienstag. Der Wagen sei inzwischen sichergest­ellt.

Neben dem Raubzug am Airport rechnen die Ermittler Drach auch einen früheren, ähnlichen Überfall am IkeaMöbelh­aus in Köln-Godorf (24. März 2018) und einen späteren an einem Frankfurte­r Ikea (6. März 2019) zu. Die Höhe der Beute ist unklar. Dass Drach nun als Kriminelle­r rückfällig geworden sein soll, würde dafür sprechen, dass von der Beute aus der Reemtsma-Entführung tatsächlic­h nichts mehr da ist.

Kein Wort zum Lösegeld

Im März 1996 hatten Drach und seine Komplizen den Hamburger Soziologen und Erben der Tabak-Dynastie, Jan Philipp Reemtsma, entführt und nach 33 Tagen wieder freigelass­en. Gegen 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken Lösegeld. Zwei Jahre später wurde Drach in Buenos Aires (Argentinie­n) gefasst und Ende 2000 in Hamburg zu vierzehnei­nhalb Jahren Gefängnis verurteilt.

Zum Verbleib des Lösegelds hatte Drach stets geschwiege­n, beziehungs­weise seinen Bruder hineingezo­gen. Staatliche und private Ermittler im Auftrag Reemtsmas sicherten noch Reste des Lösegelds. Als Drach im Herbst 2013 frei kam, bot er sich für Interviews an – gegen Geld.

Ins Ausland abgesetzt

Direkt nach seiner Freilassun­g setzte er sich ins Ausland ab. Die Staatsanwa­ltschaft teilte am Dienstag zu dem 60Jährigen – den Namen Drach bestätigte­n die Behörden nicht – lediglich mit, dass er aus dem Rheinland stamme und in Deutschlan­d keinen festen Wohnsitz habe.

Das dürfte sich in den kommenden Tagen ändern. Die Adresse wird dann die einer deutschen JVA sein.

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Dpa-BILD: TV News Kontor Thomas Drach, verurteilt­er Reemtsma-Entführer, verließ im Jahr 2013 nach 15-jähriger Haft das Gefängnis Hamburg-Fuhlsbütte­l im Auto seines Anwalts.

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