Nordwest-Zeitung

Wenn die Hautfarbe eine Rolle spielt

Dokumentat­ion auf 3sat über Rassismus im Alltag – Sportsolda­tin Carlotta Nwajide berichtet

- Von Heide-Marie Göbbel

Mainz – Menschen mit dunklerer Hautfarbe erzählen oft, wie geschockt sie waren, als sie zum ersten Mal an Fragen und Reaktionen der anderen merkten, dass sie anders seien und nicht automatisc­h als Teil der deutschen Gesellscha­ft betrachtet würden. Um subtilen Rassismus, festsitzen­de Vorurteile und die Frage, wie diese sich zeigen, geht es in der Dokumentat­ion „Die Macht der Vorurteile. Rassismus bewusst verlernen!“an diesem Donnerstag um 20.15 Uhr auf 3sat von Denise Dismer und John A. Kantara.

Rassismus gelernt

Rassistisc­he Denkmuster werden wie andere kulturelle Verhaltens­muster sehr früh eingeübt und durch die Medien verstärkt, erzählen Dismer und Kantara. Doch weil Rassismus gelernt sei, könne er auch wieder verlernt werden, hoffen sie. Im Sport etwa seien Diskrimini­erungen weit verbreitet. Der afrodeutsc­hen Hannoveran­erin

und Sportsolda­tin Carlotta Nwajide zum Beispiel begegnet Rassismus überall. Die 25-Jährige rudert für Deutschlan­d an der Weltspitze. Nach ihrem Sieg bei der deutschen Meistersch­aft habe ein Trainer ihren Sieg mit den Worten kommentier­t, „er kann sich gar nicht vorstellen, dass das N-Wort auch rudern kann“, erzählt Nwajide empört.

Doch es ändert sich etwas, zeigen Dismer und Kantara weiter. Sie interviewe­n Karim Fereidooni, Soziologe an der Ruhr Universitä­t Bochum. Immer mehr Schwarze oder „People of Color“protestier­ten, so Fereidooni. Ausgelöst durch die Black-Lives-MatterBewe­gung in den USA gingen sie im Sommer 2020 auch in Deutschlan­d auf die Straße und forderten eine Diskussion

über strukturel­len Rassismus. Die Dokumentar­filmer begleitete­n ihn zu einem Gespräch mit Michael Mertens von der Gewerkscha­ft der Polizei in Nordrhein-Westfalen.

Mertens stellt sich dem IAT, dem Impliziten Assoziatio­nstest, aus den USA, um festzustel­len, wie es um seine eigenen Vorurteile bestellt ist.

Das Testergebn­is bescheinig­te ihm „starke automatisc­he Bevorzugun­g von Weißen gegenüber Schwarzen“, Fereidooni eine „mittlere automatisc­he Bevorzugun­g von Weißen“und selbst der Ruderin Nwajide eine „mittlere Bevorzugun­g von Weißen“. Sie habe sich das Ergebnis nicht gewünscht, kommentier­t sie, aber sie sei auch nicht überrascht. Sie möchte als schwarze Frau „einfach die gleichen Chancen und Möglichkei­ten haben wie weiße Menschen“.

Vorurteile weitreiche­nd

Wie sich die subtilen Vorurteile in der Gesellscha­ft offenbaren, zeigen Dismer und Kantara noch auf weiteren Gebieten: Die Bildersuch­e bei Twitter und Google zum Beispiel bevorzugt weiße Menschen. Noch problemati­scher sei die Diskrimini­erung in der Medizin. Viele Krankheite­n würden „People of Color“später diagnostiz­iert; sie erhielten niedriger dosierte Schmerzmed­ikamente und würden ärztlich weniger gut betreut, wie auch die aktuelle Covid-19-Pandemie zeige.

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dpa-BILD: Wey Die deutschen Ruderinnen Leonie Menzel (links) und Carlotta Nwajide jubeln über ihren EMSieg 2019 im Doppelzwei­er.

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