Anschluss verpasst
Warum Deutschland beim Breitband- und Mobilfunkausbau hinterherhinkt
Funklöcher und langsames Internet – das sind Ärgernisse, mit denen viele Deutsche täglich konfrontiert werden. Und sie sind nicht nur nervenaufreibend für die Betroffenen, sondern befördern das Land auch ins Abseits.
Unternehmen können nicht vernünftig arbeiten, sie denken über einen Standortwechsel nach oder ziehen Deutschland gar nicht erst in Erwägung. Sind wir in diesen Punkten wirklich ein Entwicklungsland – und was sind die Ursachen für die Probleme?
Um das zu beantworten, werfen wir zuerst einen Blick auf die Zahlen. Im „GlobalLeague“-Ranking für 2019, das 2020 von der britischen KabelTV-Gesellschaft „Cable.co.uk“veröffentlicht wurde, schneidet Deutschland in puncto Internetgeschwindigkeit und Ausbautempo nur mittelmäßig ab. Demnach haben 19 europäische Länder schnelleres Internet als wir – insbesondere im Vergleich mit unseren Nachbarn schneiden wir relativ schlecht ab. Verglichen wurden weltweit 207 Länder.
Nur Mittelmaß
Beim Thema Breitband landen wir weder in den Top 10 noch in den Top 20 und innerhalb der vergangenen zwei Jahre haben wir es laut der Studie gerade erst zurück in die Top 30 geschafft. Dass es am Ausbautempo hakt, zeigt ein Blick nach Spanien. Dort war die Breitband-Zuwachsrate dreimal höher als hierzulande. Und: In die weltweiten Top 5 schaffen es mit Schweden, Dänemark und der Kanalinsel Jersey gleich drei Europäer. In den Top 10 sind noch die Schweiz, San Marino, Luxemburg und die Niederlande zu finden. Es funktioniert also – anscheinend nur nicht hier.
Noch deutlicher werden die Defizite im globalen Vergleich. Die Durchschnittsgeschwindigkeit in Deutschland liegt bei 25 Megabyte pro Sekunde (Mbps). Damit lässt sich eine Datenmenge von fünf Gigabyte in etwa 27 Sekunden herunterladen. In Taiwan – dem Spitzenreiter der Studie – liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit bei bis zu 85 Megabyte pro Sekunde, in den USA bei 32 Megabyte pro Sekunde. Der weltweite Durchschnitt lag bei 11 Mbps im Jahr 2019, 2 Mbps mehr als noch im Jahr 2017, heißt es.
Deutschland beim Breitbandausbau als Entwicklungsland zu bezeichnen, ist daher etwas zu hoch gegriffen. Gleichwohl gibt es Defizite, die angegangen werden müssen. So dauert der Ausbau des Netzes schlicht viel zu lange. Die hiesigen Internetanbieter rühmen sich gern mit ihren
Angeboten, die sich im europäischen Vergleich jedoch als Luftnummer entpuppen. Hinzu kommen Streitereien der Anbieter über Hoheitsrechte in bestimmten Gebieten. Wer darf wo wie ausbauen? Das zieht das gesamte Verfahren unnötig in die Länge.
Natürlich könnten wir uns nun darauf ausruhen und auf Länder wie Großbritannien oder Italien verweisen, in denen es noch schlechter läuft. Doch wollen wir uns nicht in der Weltspitze etablieren, uns einen Standort- und Wettbewerbsvorteil sichern? Länder wie Taiwan stecken viel mehr Ressourcen in den wichtigen Aufbau der Infrastruktur – und profitieren langfristig davon, diesen Weg müssten wir gehen.
Statt frühzeitig konsequent auf Glasfaserausbau zu setzen, lag der Fokus hierzulande lange auf Kupferleitungen. Das sorgt zwar dafür, dass wir relativ flächendeckend Internetanschlüsse zur Verfügung haben, allerdings sind diese Leitungen den modernen Anforderungen, die weitaus höhere Datenraten erfordern, nicht mehr gewachsen. Doch wir müssen diese Infrastruktur erst zurückbauen und durch Glasfaser ersetzen. Andere Länder hatten es da leichter und konnten grundlegend mit Glasfaser planen.
Nichts gelernt
Auch beim Mobilfunk sind wir die Meister des Flickenteppichs. Aus den Fehlern der Vergangenheit wurde nichts gelernt. Man erinnere an das 3G-Vergabeverfahren im Jahr 2000. Damals hatten sich die Netzbetreiber die Frequenzen einiges kosten lassen und sich damit so sehr übernommen, dass das Geld für den Netzausbau fehlte. Die Folgen sind immer noch spürbar.
Leider zeichnet sich beim 5G-Standard ein ähnliches Bild ab. Jeder Anbieter kauft sein eigenes Netz und versucht, daraus möglichst viel Profit zu schlagen. Viele kleine Netze ergeben aber noch lange kein großes, flächendeckendes. Richtig wäre es, wenn der Staat für eine flächendeckende Infrastruktur sorgt und die Anbieter anschließend auf dieser Basis konkurrieren lässt. Es wird höchste Zeit.