Niedersachsen blickt auf ein Jahr Corona zurück
Am 29. Februar 2020 wurde der erste Fall bei Hannover bestätigt – Die Folgen und der aktuelle Stand im Überblick
Hannover – Es ist kein Tag, der sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat – doch für Niedersachsen war er von großer Bedeutung: Am 29. Februar 2020 wurde der erste Corona-Fall im Land bestätigt. Betroffen war ein 68-Jähriger aus Uetze bei Hannover. Er war der Erste von mittlerweile mehr als 160 000 Infizierten.
Wo steht Niedersachsen ? heute
Lange schnitt das Land vergleichsweise gut ab, hatte niedrigere Infektionszahlen als andere Regionen in Deutschland. Vor einem halben Jahr waren erst rund 16 000 Ansteckungen bekannt, heute sind es mehr als zehnmal so viele. Der SiebenTage-Wert lag damals deutlich unter 10, heute liegt er mit rund 67 etwas über dem Bundesschnitt.
Wie läuft das ? Krisenmanagement
Impfungen, Schutzkonzepte, Corona-Hilfen – nichts davon sei perfekt, musste Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) einräumen. Die Fortschritte seien aber unübersehbar. Das
sehen Grüne und FDP, aber auch Senioren, Lehrer, Eltern, Ärzte anders. Sie haben die langen Wartezeiten für die raren Impftermine vor Augen, die Info-Briefe an Verstorbene, die schwer zugänglichen Testmöglichkeiten oder die Doppelbelastung aus Kinderbetreuung und Homeoffice.
Gehen die ? Infektionszahlen zurück
Die zweite Welle, die im Herbst begonnen hat, scheint kleiner zu werden. In der Spitze
gab es in den Wintermonaten mehr als 20000 aktuelle Corona-Fälle in Niedersachsen. Derzeit sind es 12 500. Zuletzt zeigte die Kurve der Neuinfektionen aber leicht nach oben. Im Laufe des ersten Corona-Jahres gab es etwa 162 000 Ansteckungen und mehr als 4200 Menschen sind gestorben.
Wie verbreitet sind ? die Mutanten
Ein erheblicher Teil der neuen Ansteckungen geht auf Virusvarianten
zurück, insbesondere die sogenannte britische Mutante B.1.1.7. Anders als Bremen und Baden-Württemberg hat Niedersachsen spät damit begonnen, positive CoronaProben flächendeckend auf Varianten hin zu untersuchen. Der Krisenstab bezifferte den Anteil der Mutanten zuletzt landesweit auf zehn Prozent.
Kommt die ? Impfkampagne voran
Eher langsam, aber das Tempo nimmt zu. Am besten sieht es
in den Pflegeheimen aus. In fast allen wurden die Erstimpfungen verteilt, in mehr als 70 Prozent auch die Zweitimpfungen. Doch darüber hinaus stockte es lange – weil die Impfstoffhersteller ihre Lieferzusagen nicht eingehalten haben, sagt die Landesregierung. Und weil die Regierung die Vergabe der Impftermine unnötig kompliziert gemacht hat, sagt die Opposition. Immerhin: Rund 185 000 Menschen, die 80 Jahre oder älter sind und nicht im Heim leben, haben ihre Termine erhalten. Aber sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitimpfungen hinkt Niedersachsen hinterher. 326 000 Menschen haben ihre erste Spritze bisher erhalten. Das entspricht 4,1 Prozent der Bevölkerung – nur in Hessen und Brandenburg ist der Anteil noch geringer.
Kam der zweite Lockdown ? zu spät
Viele Wissenschaftler hätten die zweite Welle kommen sehen und gewarnt, sagte die Braunschweiger Virologin Melanie Brinkmann dem „Spiegel“. Das Rauszögern habe Menschenleben gekostet. Ministerpräsident Weil mahnt: „Wir müssen früher und konsequenter einsteigen, wenn die Zahlen wieder steigen.“
Welche wirtschaftlichen ? Folgen hat die Krise
Die Arbeitslosigkeit ist deutlich gestiegen. Im Januar waren 267 000 Menschen in Niedersachsen ohne Job – 16 Prozent mehr als 2020. Tausende Unternehmen meldeten zudem Kurzarbeit an. Im Juli 2020 waren 28 747 niedersächsische Betriebe mit 264 757 Beschäftigten in Kurzarbeit. Und der Landeshaushalt muss den Wegfall von Milliarden an Steuereinnahmen verkraften.