Uni Oldenburg jagt Steuersünder
Forschungskooperation mit Landesamt für Steuern – Datenanalyse hilft Ermittlern
Oldenburg – Dieses Geld fehlt am Ende auch jedem Bürger: Die Umsatzsteuer ist sehr betrugsanfällig. Laut Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) entsteht dadurch EU-weit jährlich ein geschätzter Schaden von 50 Milliarden Euro. Aufs Bundesland heruntergebrochen gibt es dazu zwar keine Zahlen, aber es werden einige Millionen Euro sein. In den Kampf gegen Steuerbetrugsmaschen greift nun auch die Universität Oldenburg ein.
Was hat die Uni mit den Ermittlungen zu tun?
Gestartet ist kürzlich die auf zunächst drei Jahre angelegte Forschungskooperation TaDeA (Tax Defence Analytics) zwischen dem Oldenburger Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und dem Landesamt für Steuern Niedersachsen (LStN). Geklärt werden soll die Frage, ob die Steuerermittler mithilfe von wissenschaftlichen Datenanalysemethode und Künstlicher Intelligenz (KI) Steuerbetrügern besser und schneller auf die Schliche kommen können. Gearbeitet wird im Sinn eines Reallabors, also mit echten Daten aus echten Steuerfällen auf Basis strenger rechtlicher Regelungen und höchster Sicherheitsvorkehrungen.
Um welche Art des Steuerbetrugs geht es?
Als Schwerpunkte wurden zwei Bereiche ausgewählt: Einerseits geht es um die aggressive Steuervermeidung. Dabei versuchen international agierende Konzerne, die Beziehungen von Betriebstätten und Tochtergesellschaften so zu gestalten, dass Gewinne in niedrig besteuerte Staaten verlagert werden.
Andererseits beschäftigt sich das Projekt mit Umsatzsteuerbetrug. „Dabei verlassen Waren oft gar nicht den Ort, an dem sie sich befinden“, so Finanzminister Hilbers im Gespräch mit unserer Redaktion. Lieferungen und Leistungen existieren häufig nur auf dem Papier, um am Ende Umsatzsteuer unberechtigt vom Staat zurückerstattet zu bekommen.
Wie kann Wissenschaft ? dabei helfen
„Es geht darum, den Ermittlern Werkzeuge an die Hand zu geben“, sagt Prof. Jorge Marx Gómez, der vonseiten der Universität mit seinem Team an dem Projekt arbeitet. Laut Andre Klümpen vom LStN sind seine Kollegen nämlich mit großen Datenmengen aus verschiedenen Quellen konfrontiert: „Zum Beispiel Verträge, Datenbanken, Buchhaltungsunterlagen. Diese zu überprüfen macht viel Arbeit – und die soll die KI den Steuerprüfern möglichst abnehmen.
„Wir wollen die Datengrundlagen durch KI verbessern und aufgrund von Mustern Wahrscheinlichkeiten für Steuerbetrug erkennen“, erklärt Klümpen. Durch moderne Data-Science-Methoden „lassen sich sehr viel mehr Daten in kürzerer Zeit analysieren“, ergänzt Marx Gómez. Der Mensch als Ermittler werde dadurch nicht ersetzt, so Klümpen. Am Ende sollen die Ressourcen dank der technischen Vorbereitung einfach gezielter eingesetzt werden können. Oder wie der Finanzminister es ausdrückt: „Unsere Leute sollen nicht mehr im großen Teich fischen müssen.“
Welche Aufgaben sind nun zu lösen
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Natürlich spielt bei der Verarbeitung von Daten der Datenschutz eine große Rolle. Gerade im Bereich der Steuern ist das ein sehr sensibles Feld. „Dieser Schutz kann aber durch die Zusammenarbeit mit Dataport, dem IT-Dienstleister für die öffentliche Hand, gewährleistet werden“, sagt Marx Gómez.
Darüber hinaus geht es für das Forschungsteam im ersten Schritt nun darum, eine datenwissenschaftliche Fachsprache zu entwickeln, damit die KI die Daten aus den vielen verschiedenen Quellen gleichermaßen verstehen kann. Zudem muss die Maschine lernen, Beziehungen zwischen Unternehmen und handelnden Personen zu analysieren.
Was nach drei Jahren Projektzeitraum herauskommt und wie praxistauglich das Ergebnis ist, wird sich zeigen. Die Unterstützung aus der Wissenschaft sieht die Steuerbehörde aber positiv. „Je früher wir Steuerbetrug aufdecken, desto geringer sind die Schäden“, sagt Hilbers. Ermittlungserfolge werden auch der Wirtschaft helfen. Denn wenn sich einige durch Betrug Wettbewerbsvorteile verschaffen, geraten am Ende die Unternehmen unter Druck, die brav ihre Steuern zahlen.