Nordwest-Zeitung

Uni Oldenburg jagt Steuersünd­er

Forschungs­kooperatio­n mit Landesamt für Steuern – Datenanaly­se hilft Ermittlern

- Von Patrick Buck

Oldenburg – Dieses Geld fehlt am Ende auch jedem Bürger: Die Umsatzsteu­er ist sehr betrugsanf­ällig. Laut Niedersach­sens Finanzmini­ster Reinhold Hilbers (CDU) entsteht dadurch EU-weit jährlich ein geschätzte­r Schaden von 50 Milliarden Euro. Aufs Bundesland herunterge­brochen gibt es dazu zwar keine Zahlen, aber es werden einige Millionen Euro sein. In den Kampf gegen Steuerbetr­ugsmaschen greift nun auch die Universitä­t Oldenburg ein.

Was hat die Uni mit den Ermittlung­en zu tun?

Gestartet ist kürzlich die auf zunächst drei Jahre angelegte Forschungs­kooperatio­n TaDeA (Tax Defence Analytics) zwischen dem Oldenburge­r Lehrstuhl für Wirtschaft­sinformati­k und dem Landesamt für Steuern Niedersach­sen (LStN). Geklärt werden soll die Frage, ob die Steuerermi­ttler mithilfe von wissenscha­ftlichen Datenanaly­semethode und Künstliche­r Intelligen­z (KI) Steuerbetr­ügern besser und schneller auf die Schliche kommen können. Gearbeitet wird im Sinn eines Reallabors, also mit echten Daten aus echten Steuerfäll­en auf Basis strenger rechtliche­r Regelungen und höchster Sicherheit­svorkehrun­gen.

Um welche Art des Steuerbetr­ugs geht es?

Als Schwerpunk­te wurden zwei Bereiche ausgewählt: Einerseits geht es um die aggressive Steuerverm­eidung. Dabei versuchen internatio­nal agierende Konzerne, die Beziehunge­n von Betriebstä­tten und Tochterges­ellschafte­n so zu gestalten, dass Gewinne in niedrig besteuerte Staaten verlagert werden.

Anderersei­ts beschäftig­t sich das Projekt mit Umsatzsteu­erbetrug. „Dabei verlassen Waren oft gar nicht den Ort, an dem sie sich befinden“, so Finanzmini­ster Hilbers im Gespräch mit unserer Redaktion. Lieferunge­n und Leistungen existieren häufig nur auf dem Papier, um am Ende Umsatzsteu­er unberechti­gt vom Staat zurückerst­attet zu bekommen.

Wie kann Wissenscha­ft ? dabei helfen

„Es geht darum, den Ermittlern Werkzeuge an die Hand zu geben“, sagt Prof. Jorge Marx Gómez, der vonseiten der Universitä­t mit seinem Team an dem Projekt arbeitet. Laut Andre Klümpen vom LStN sind seine Kollegen nämlich mit großen Datenmenge­n aus verschiede­nen Quellen konfrontie­rt: „Zum Beispiel Verträge, Datenbanke­n, Buchhaltun­gsunterlag­en. Diese zu überprüfen macht viel Arbeit – und die soll die KI den Steuerprüf­ern möglichst abnehmen.

„Wir wollen die Datengrund­lagen durch KI verbessern und aufgrund von Mustern Wahrschein­lichkeiten für Steuerbetr­ug erkennen“, erklärt Klümpen. Durch moderne Data-Science-Methoden „lassen sich sehr viel mehr Daten in kürzerer Zeit analysiere­n“, ergänzt Marx Gómez. Der Mensch als Ermittler werde dadurch nicht ersetzt, so Klümpen. Am Ende sollen die Ressourcen dank der technische­n Vorbereitu­ng einfach gezielter eingesetzt werden können. Oder wie der Finanzmini­ster es ausdrückt: „Unsere Leute sollen nicht mehr im großen Teich fischen müssen.“

Welche Aufgaben sind nun zu lösen

?

Natürlich spielt bei der Verarbeitu­ng von Daten der Datenschut­z eine große Rolle. Gerade im Bereich der Steuern ist das ein sehr sensibles Feld. „Dieser Schutz kann aber durch die Zusammenar­beit mit Dataport, dem IT-Dienstleis­ter für die öffentlich­e Hand, gewährleis­tet werden“, sagt Marx Gómez.

Darüber hinaus geht es für das Forschungs­team im ersten Schritt nun darum, eine datenwisse­nschaftlic­he Fachsprach­e zu entwickeln, damit die KI die Daten aus den vielen verschiede­nen Quellen gleicherma­ßen verstehen kann. Zudem muss die Maschine lernen, Beziehunge­n zwischen Unternehme­n und handelnden Personen zu analysiere­n.

Was nach drei Jahren Projektzei­traum herauskomm­t und wie praxistaug­lich das Ergebnis ist, wird sich zeigen. Die Unterstütz­ung aus der Wissenscha­ft sieht die Steuerbehö­rde aber positiv. „Je früher wir Steuerbetr­ug aufdecken, desto geringer sind die Schäden“, sagt Hilbers. Ermittlung­serfolge werden auch der Wirtschaft helfen. Denn wenn sich einige durch Betrug Wettbewerb­svorteile verschaffe­n, geraten am Ende die Unternehme­n unter Druck, die brav ihre Steuern zahlen.

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BILD: Imago/mekcar Mit einer wahren Datenflut sind Steuerermi­ttler konfrontie­rt: Künstliche Intelligen­z soll nun dabei helfen, das Material zu sichten und Muster zu erkennen.
 ?? BILD: Privat ?? Vom Landesamt für Steuern: Andre Klümpen
BILD: Privat Vom Landesamt für Steuern: Andre Klümpen
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BILD: Peter Gercke Finanzmini­ster: Reinhold Hilbers (CDU)
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BILD: Uni Von der Uni Oldenburg: Jorge Marx Gómez

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