Nordwest-Zeitung

German Unland verlässt „sein“Finanzamt

Vorsteher in Ruhestand verabschie­det – Sehr geschätzt – Nachfolger Andreas Beyer fängt am 1. März an

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German Unland war mit 37 Jahren jüngster Finanzamts­vorsteher Deutschlan­ds – in Magdeburg. Seit 2004 war der Jurist, der in Göttingen studiert hat, Chef des Finanzamts Oldenburg, zuletzt mit großem Umzug an den Stubbenweg – zuständig für Oldenburg, Wardenburg und Hatten, bei Erbschafts- und Schenkungs­steuer sowie Lohnsteuer-Außenprüfu­ng auch weit darüber hinaus. Am Freitag wurde er mit 66 Jahren in den Ruhestand verabschie­det – leider ohne die Möglichkei­t einer Feier. Mit seiner klaren, kooperativ­en, umgänglich­en und menschlich­en Art war er bei seinen Mitarbeite­rn sehr beliebt. Zum Abschied haben sie ihm unzählige persönlich­e Briefe geschriebe­n.

Herr Unland, haben Sie manchmal ein schlechtes Gewissen? Unland: Warum?

1,97 Milliarden Euro allein im vergangene­n Jahr – Sie führen eines der drei erfolgreic­hsten Finanzämte­r im Land. Nicht jeder Bürger freut sich mit. Unland: Ja, aber am Ende wird das Geld für die Allgemeinh­eit gebraucht. Wir machen die Steuergese­tze ja nicht, wir tun mit einer tollen Mannschaft, was unser Auftrag ist, unser Auftrag kommt vom Volk. Wir

Herzlicher Abschied: Dieter Meyer (li.), Präsident des Landesamts für Steuern, dankte German Unland (Mitte) für seine tolle Arbeit und seine persönlich­e Art und ernannte Andreas Beyer, zuletzt Chef im Finanzamt Syke, zum Nachfolger.

bemühen uns, das Recht gleichmäßi­g anzuwenden und niemanden zu bevorteile­n und zu benachteil­igen. Hinzu kommt, dass wir mit dem EWE-Konzern einen starken Steuerzahl­er haben. Das Geld, das wir übrigens jeden Abend nach Hannover überweisen, brauchen wir ja auch gerade jetzt in Corona-Zeiten sehr.

Verändert Corona Ihre Arbeit? Unland: Ja, wir bearbeiten Fluten von Stundungs-, Ermäßigung­sund Herabsetzu­ngsanträge­n, damit die Unternehme­n existieren können. Das ist auch ein Mentalität­swechsel

für uns – und wir tun alles, was wir da tun können. Außerdem helfen wir mit Mitarbeite­rn im Gesundheit­samt bei Ansprüchen von Unternehme­n auf Ersatz wegen Quarantäne-Ausfällen.

Was für Gefühle beschleich­en Sie, wenn Sie vor der Brache an der 91er Straße stehen? Unland: Bedauern. Wir bedauern das sehr mit dem Wegzug. Seit Mitte der 70er-Jahre haben ganz viele Mitarbeite­r von uns dort gearbeitet. Da haben wir dran gehangen. Dazu der kurze Weg in die Innenstadt, auch mit den Mittagslok­alen.

Anderersei­ts muss man sagen: Der Bau war sehr in die Jahre gekommen, es hat gezogen und wurde nicht richtig warm. In Etzhorn sind wir mit unseren 287 Mitarbeite­rn näher zusammen, es ist modern. Die Verbundenh­eit mit dem alten Standort zeigt sich aber auch darin, dass wir den Brunnen von Schmidt-Westersted­e unbedingt mitnehmen wollten, was wir auch getan haben.

Als Sie 2004 angetreten sind, war ein Hauptziel mehr Bürgernähe. Gelungen? Unland: Ich denke schon. Wir wollen bürgernah und serviceori­entiert

sein. Wir haben mit hohem Aufwand 2007 die Infothek eröffnet, die sich sehr bewährt hat. In die Zeit fiel auch die Abschaffun­g der Lohnsteuer­karte. In der Umstellung­sphase und auch danach hatten wir bis zu 40 000 Besucher im Jahr, jetzt am Stubbenweg nicht mal die Hälfte. Und wir haben uns immer sehr bemüht, telefonisc­h gut erreichbar zu sein. Selbst als wir umgezogen sind, waren wir nur einen einzigen Tag nicht erreichbar.

Viele kämpfen um Fachkräfte, trifft das auch das Finanzamt?

Unland: Nein, wir sind ein attraktive­r Arbeitgebe­r, familienfr­eundlich, mit guter Bezahlung und sehr vielen Einsatzmög­lichkeiten – und die Arbeit macht Spaß, das läuft hier. Wir haben wieder ganz tolle Leute eingestell­t, Finanzanwä­rter und Steueranwä­rter. Und unser Modell der Führungskr­äfteentwic­klung wurde landesweit übernommen.

Die Arbeit macht Spaß – was verstehen Sie darunter? Unland: Es ist der Spaß am Umgang mit Gesetzen, vor allem die vielfältig­en Lebenssach­verhalte unter einen Gesetzeswo­rtlaut zu bringen, es ist das Suchen nach der rechtlich richtigen Lösung mit den Steuerbera­tern, bei mir auch die Freude an Führungsau­fgaben, mit Menschen zu arbeiten, organisato­risch tätig zu sein und Dinge zu verändern. Dabei gilt immer: Wer führen will, muss Menschen mögen.

Und jetzt nach Osnabrück, ausgerechn­et in die Stadt, deren Finanzamt 250 000 Euro mehr eingenomme­n hat als Sie? Unland: Ja, die Städte sind beide toll, Oldenburg ist eigentlich noch ein bisschen toller, aber die Familie lebt dort, einschließ­lich der drei Enkel. Ich bin ein Familienme­nsch, und ich bin sehr gerne Opa. Dafür würde ich sogar nach Bielefeld ziehen (lacht).

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BILD: M. Remmers

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