Nordwest-Zeitung

Es kommt Licht ins dunkle Kapitel

Vor zwei Wochen wurden Vorwürfe gegen Pfarrer Meyer im Kreis Cloppenbur­g öffentlich

- Von Carsten Bickschlag

Markhausen – Vor zwei Wochen begann die Berichters­tattung über die schweren Vorwürfe gegen Pfarrer Georg Meyer. Der Geistliche, der 1970 verstarb, soll sich in den 1960er-Jahren an mehreren Jungen sexuell vergangen haben. Seit der ersten Berichters­tattung ist viel passiert. Hier eine Übersicht.

Wie kam die Geschichte überhaupt ins Rollen

Im Rahmen einer Straßenser­ie wurde über Georg Meyer, den Namensgebe­r der „KaplanMeye­r-Straße“in Sedelsberg (Landkreis Cloppenbur­g), berichtet. Einen Tag später erreichte unsere Redaktion ein anonymes Schreiben eines Mannes, der behauptete, Pfarrer Georg Meyer habe mehrfach versucht, ihn als Kind in den 1960er-Jahren in Markhausen (bei Friesoythe im Kreis Cloppenbur­g) sexuell zu missbrauch­en. Nach einigen Recherchen ergab sich ein Anfangsver­dacht, über den berichtet wurde. Im Weiteren meldeten sich weitere Personen, die schwere Vorwürfe gegen Meyer erhoben.

Was genau wird Pfarrer Meyer vorgeworfe­n

Der Geistliche war von 1953 bis zu seinem Tod im Jahr 1970 Pfarrer der St.-Johannes-Gemeinde Markhausen. In dieser Zeit hat er sich nach heutigem Kenntnisst­and über viele Jahre hinweg an mehreren Messdiener­n vergangen. Von schwerstem sexuellen Missbrauch ist die Rede. Die Opfer hatten aus Angst vor dem Pfarrer und aus Angst, dass einem ohnehin nicht geglaubt werde, geschwiege­n. Daher wurden die Taten nie öffentlich.

Wie viele Opfer sind bislang bekannt

Bereits 2011 hatte sich ein Mann aus Markhausen beim Bistum Münster gemeldet. Er gab an, von Meyer rund 100 Mal schwer sexuell missbrauch­t worden zu sein. Das Bistum leistete dem Markhauser, der mittlerwei­le verstorben ist, eine Anerkennun­gszahlung. Im Zuge der Berichters­tattung haben sich mittlergen

weile weitere fünf Opfer beim Bistum gemeldet. Zwei anonyme Schreiben erreichten zudem unsere Redaktion. Ein Betroffene­r rief in der Redaktion an. Ob diese drei Personen zu den sechs gehören, die sich beim Bistum meldeten, ist nicht bekannt. Demnach gibt es mindestens sechs namentlich bekannte Betroffene.

Warum haben sie sich erst jetzt gemeldet

„Solche Erlebnisse sind mit Scham besetzt. Eine Strategie, um ein Überleben zu ermögliche­n, ist das Verdrängen. Das ist Selbstschu­tz“, sagte Maria Wagner-Monsees auf Anfrage unserer Redaktion. Sie ist bei der Opferschut­zorganisat­ion „Weißer Ring“in Mainz Expertin für den Bereich Medizin/ Psychologi­e. Wenn Meldunin Medien zu den damaligen Geschehnis­sen veröffentl­icht werden, könnten Menschen retraumati­siert werden und erlebten die Tat vor ihrem inneren Auge erneut. Nur seien sie jetzt erwachsen und könnten die damaligen Vorfälle besser einsortier­en.

Waren die Vorwürfe zuvor nicht bekannt

Hier tut sich ein weiteres dunkles Kapitel auf. Nach Aussagen von drei Betroffene­n habe das ganze Dorf damals von den sexuellen Übergriffe­n von Pfarrer Meyer auf Messdiener gewusst. Auch heute seien die Vorwürfe in Markhausen durchaus bekannt. Es liege aber ein Deckmantel des Schweigens darüber.

Auch das Bistum Münster steht in dieser Frage nicht gut da. Schließlic­h gab es 2011 einen ganz konkreten Verdacht. Mit der Anerkennun­gszahlung wurde die Sache abgeschlos­sen, teilte Peter Frings, Interventi­onsbeauftr­agter des bischöflic­hen Generalvik­ariates im Bistum Münster, auf Nachfrage mit. „Aber rückschaue­nd hätte – das muss man selbstkrit­isch anmerken – sicherlich Grund genug bestanden, der Angelegenh­eit weiter nachzugehe­n“, räumte Frings ein.

Gibt es bereits erste Konsequenz­en

Ja, die gibt es. Die Gemeinde Saterland wird auf der nächsten Ratssitzun­g am Mittwoch, 24. März, die „Kaplan-MeyerStraß­e“in Sedelsberg umbenennen. Darin sind sich wohl alle Ratsmitgli­eder einig.

Wie geht es jetzt weiter

Das Bistum Münster hat bereits mit den meisten Betroffene­n Gespräche geführt, eines steht noch aus. Der Fall Meyer wird auch Einzug finden in die Studie der Universitä­t Münster, die Missbrauch­sfälle im Bistum Münster aufarbeite­t.

„Es muss auch geschaut werden, ob man vor Ort in Markhausen zum Beispiel eine Gesprächsr­unde anbietet“, sagte der Interventi­onsbeauftr­agte Frings. Selbstvers­tändlich könnten sich auch weiterhin Betroffene beim Bistum oder bei der Universitä­t melden.

 ?? BILD: Carsten Bickschlag ?? Die St.-Johannes-Kirche in Markhausen
BILD: Carsten Bickschlag Die St.-Johannes-Kirche in Markhausen

Newspapers in German

Newspapers from Germany