Schwierige Zeit für Schweinebauern
Thomas Gardewin von CS agri über wirtschaftliche Situation in Betrieben
Jeder Cloppenburger kennt den Eberborgbrunnen in der Stadt und seine Geschichte, die von den Nöten der Bauern berichtet. Im Interview geht der stellvertretene Vorsitzende von GS agri und Landwirt Thomas Gardewin auf die aktuelle Notlage der Cloppenburger Landwirte ein.
Stehen die Landwirte wie zu „Eberborgs Zeiten“wirtschaftlich am Abgrund?
Thomas Gardewin: Zu Eberborgs Zeiten hatten wir mit einer sehr großen Lebensmittelknappheit zu tun. Heutzutage ist es so, dass wir Lebensmittel eigentlich in Hülle und Fülle haben. Wirtschaftlich damit dann aber auch alles andere als zurechtkommen. Durch die immense Misere, die wir gerade haben, ist es alles andere als rentabel, Schweine zu halten. Als „wirtschaftlichen Abgrund“, weiß ich nicht, ob ich das so formulieren würde, aber als wirtschaftlich überaus schwierige Zeit.
Wie stark sind die Schweinebauern belastet?
Gardewin: Wir haben derzeit einen Überhang an Schwei- nen, die der Markt vor sich herschiebt. In unserem Fall heißt das, unsere Schweine müssen irgendwo in einem Gewichtsbereich zwischen 86 und 106 Kilo schwer sein, wenn sie geschlachtet werden. Sind sie schwerer, bekomme ich weniger Geld. Wir haben gerade einen Marktpreis von 1,19 Euro, das Schlachtgewicht. Habe ich ein Schwein, das über 106 Kilo wiegt, bekomme ich vielleicht nur noch 80 Cent pro Kilo. Das Problem ist tatsächlich eher, dass der
Schlachtkörper insgesamt zu schwer wird, dadurch aus der Maske fällt und weniger Geld bringt.
Sind besonders kleinere Betriebe bereits in der Existenz bedroht?
Gardewin: Ob jetzt besonders kleine Betriebe in ihrer Existenz bedroht sind, mag ich so nicht sagen. Es gibt auch große Betriebe, die in ihrer Existenz bedroht sind. Denn, ob ich jetzt 100 Schweine zu
einem niedrigen Preis verkaufe oder 1000, das bringt dann ganz andere Summen und andere Abhängigkeiten. Es ist zurzeit so, dass wir mit 1,19 Euro keine kostendeckende Schweinemast betreiben können. Wenn wir jetzt vom Schwein per se sprechen, ist das ein hochwertiges Lebensmittel, aber aufgrund der Situation nicht allzu viel wert ist.
Würde die von Lidl angekündigte Preiserhöhung von zehn Fleischartikeln um 1 Euro pro Kilogramm ausreichen?
Gardewin: Das Schwein wird in etwa 2000 Artikel verwurstet. Wenn zehn Artikel um 1 Euro das Kilo angehoben werden, dann kommen beim Landwirt vielleicht 1 Cent an, vielleicht zwei. Das ist nicht allzu viel, weil wir den Großteil des Schweines nicht höher bepreist bekommen.
Woraus schöpfen Sie ihre Zuversicht und Stärke?
Gardewin: Aus Freude am Beruf. Man darf sich durch eine Talsohle nicht runterreißen lassen. Sicherlich, ab und zu schlägt es auch auf das Gemüt. Auf lange Sicht sehe ich aber optimistisch in die Zukunft, weil das Verständnis der Bevölkerung eigentlich gegenüber der Landwirtschaft da ist, und ich dann auch auf den Willen der Bevölkerung setze, auch gutes Geld dafür auszugeben. Ich lasse den Kopf nicht hängen.
Von Vladislav Dmitievic Gubert, Hendrik Käter, Freya Pfister, Roman Schwarz