Nordwest-Zeitung

Wirksamste Waffen bleiben stumpf

- Von Ulrich Schönborn

Zähes Ringen um den kleinstmög­lichen Kompromiss: Das Ergebnis der Bund-Länder-Konferenz zur Corona-Krise ist, wie erwartet, ernüchtern­d.

Die Zugeständn­isse an Buchläden, Blumenhänd­ler und Gartenmärk­te sind für die Branchen eine enorme Erleichter­ung, insgesamt aber nur ein Trostpflas­ter. De facto wurde der Lockdown bis Ende März verlängert. Die vielen WennDann-Regelungen klingen wie ein Plan, stiften aber Verwirrung. Die Politik klammert sich weiter an Inzidenzwe­rte und ignoriert Argumente und Vorschläge aus der Praxis wie zum Beispiel das Konzept des Einzelhand­els zu einer schnellere­n und verlässlic­heren Wiederöffn­ung.

Gastronomi­e und Kultur bleiben in der Warteschle­ife und müssen auf sinkende Inzidenzwe­rte hoffen. Gar keine Perspektiv­en gibt es für den Tourismus.

Die große Mehrheit der Bevölkerun­g sieht zwar weiter die Gefahr des Virus und seiner Mutanten und ist grundsätzl­ich bereit, Schutzmaßn­ahmen umzusetzen. Diese Maßnahmen müssen aber plausibel sein. Davon ist die Lockdown-Strategie inzwischen weit entfernt. Warum dürfen Gartencent­er großzügige­r öffnen als Möbel- oder Textilhäus­er? Warum dürfen sich fünf Menschen aus zwei Haushalten treffen und nicht sechs? Das wirkt willkürlic­h – und kostet Akzeptanz.

Gleichzeit­ig hapert es weiter massiv bei den entscheide­nden Corona-Schutzmaßn­ahmen – beim Impfen, beim Testen und bei der Kontaktver­folgung.

■ Während unzählige besonders gefährdete Menschen aus der höchsten Prioritäts­gruppe immer noch auf ihre Impfung warten, liegen an anderer Stelle Impfdosen ungenutzt in den Lagern.

■ Während vollmundig kostenlose Schnelltes­ts für alle angekündig­t werden, gibt es keine Strategie, wie diese Tests – wenn sie denn tatsächlic­h zur Verfügung stehen – sinnvoll eingesetzt werden sollen.

■ Während das Virus schon seit einem Jahr unser Leben massiv einschränk­t, gibt es immer noch kein gemeinsame­s digitales Netzwerk der Gesundheit­sämter, um Kontaktper­sonen zu ermitteln und Infektions­ketten zu unterbrech­en.

Hier muss der Staat seine Kraft und Kompetenze­n konzentrie­ren. Ohne Zweifel stehen die Regierungs­chefs unter enormem Druck. Umso wichtiger ist es, dass sie mit ihren drei wichtigste­n Waffen effektives Krisenmana­gement betreiben, anstatt sich auf der politische­n Bühne mit kaum noch nachvollzi­ehbaren Corona-Kompromiss­en zu verkämpfen.

@ Den Autor erreichen Sie unter Schoenborn@infoautor.de

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