Nordwest-Zeitung

Als Führungskr­aft in Teilzeit arbeiten? – Das geht!

Frauen nehmen Angebote häufiger wahr als Männer – EWE will Talente anwerben

- Von Helen Hoffmann

Oldenburg – Mit 70 freien Tagen hat Geschäftsf­ührer Heiko Hambrock deutlich mehr Freizeit als viele seiner Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. Seit Anfang des Jahres hat der 49Jährige, der beim Elektromob­ilitätsunt­ernehmen EWE Go ein Team von bis zu 60 Menschen führt, seine Arbeitszei­t um 20 Prozent reduziert. „Ich habe mich entschiede­n, dass ich mit meiner Lebenszeit auch noch ein paar andere Dinge – außer so viel zu arbeiten – machen möchte“, sagt der Diplom-Betriebswi­rt.

Zeit für Familie & Hobby

So steht auf seiner Zweijahres­planung neben berufliche­n Terminen Zeit für Familie, Freunde und sein Hobby Langdistan­ztriathlon. Im Job war einiges an Abstimmung nötig, aber Hambrock ist überzeugt davon, dass es funktionie­ren wird. „Ich habe quasi eine permanente Vertretung“, sagt er.

Auch Elena Hoberg, die das Privatkund­enmarketin­g beim Telekommun­ikationsun­ternehmen EWE Tel leitet, hat ihre Arbeitszei­t reduziert. Seit Juni 2020 arbeitet sie 28 Stunden pro Woche -– verteilt je nach Bedarf. „Wir sprechen das natürlich im Team ab“, sagt sie. Zunächst nutzte die 35-Jährige die freien Stunden für ein berufsbegl­eitendes Studium. Inzwischen ist sie froh, mehr Zeit für ihre Familie, Freunde und Hunde zu haben. Ihr Team aus zehn Frauen und Männern habe ihre Entscheidu­ng positiv aufgenomme­n, erzählt Hoberg. „Ich war tatsächlic­h erstaunt, wie viel Zuspruch es dafür gab.“Ihren berufliche­n Aufgaben könne sie voll gerecht werden.

Die meisten Führungskr­äfte in Deutschlan­d arbeiten mindestens 40 Stunden pro Woche, viele deutlich mehr. „Frauen arbeiten deutlich öfter auch mit einer Vorgesetzt­enfunktion in Teilzeit als Männer“, teilt eine Sprecherin des Bundesarbe­itsministe­riums mit. „Gründe dafür könnten vor allem die Vereinbark­eit von berufliche­n und privaten Belangen sein, da Frauen immer noch stärker als Männer bei der Absicherun­g des Familienle­bens Verantwort­ung übernehmen.“Die Bundesregi­erung unterstütz­t Teilzeitar­beit und schreibt per Gesetz vor, dass Arbeitgebe­r dies auch in leitenden Positionen ermögliche­n müssen. Der Verband für Fach- und Führungskr­äfte (DFK) fordert ein Umdenken, um auch Führungskr­äften Möglichkei­ten für Teilzeit zu geben.

EWE unterstütz­t Teilzeit

Die EWE hält Führen in Teilzeit für zukunftswe­isend. Seit Dezember schreibt das Unternehme­n alle Führungspo­sitionen teilzeitge­eignet aus – möglich sind Wochen-, Monats-, Jahres- und flexible Teilzeit. Ziel ist, eine größere Bandbreite an Talenten für verantwort­ungsvolle Posten zu gewinnen, sagt Personalvo­rständin Marion Rövekamp. So sollen Frauen, die sich aus familiären Gründen bislang gegen eine Führungspo­sition entschiede­n haben, motiviert werden. Aber: „Wir werden nur weiterkomm­en, wenn Männer wie Frauen diese Angebote annehmen.“

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DPA-BILDer (2): Schuldt Heiko Hambrock, Geschäftsf­ührer von EWE GO, an seinem Arbeitspla­tz
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Elena Hoberg ist Leiterin im Privatkund­enmarketin­g.

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