Nordwest-Zeitung

Anklage im Bilanzskan­dal bei Steinhoff

Staatsanwa­ltschaft Oldenburg wirft mehreren Ex-Managern Bilanzmani­pulation vor

- Von Jörg Schürmeyer

16,60 16,58 32,28 53,55 181,00 25,75 70,04 110,30 279,20

10,35

– 7,26% – 7,16% – 6,45% – 4,88% – 4,64% – 4,63% – 4,24% – 4,09% – 3,56% – 3,31%

Zunahme des Großhandel­sumsatzes in Deutschlan­d (real) 2020. Nominal, vor Einbeziehu­ng der Teuerungsr­ate, ergab sich ein Minus von 0,4 Prozent, so das Statistisc­he Bundesamt (4. Quartal: real 4,7 Prozent, nominal 2,9 Prozent).

Oldenburg/Westersted­e – Die Staatsanwa­ltschaft Oldenburg hat nach mehrjährig­en Ermittlung­en jetzt Anklage im Bilanzskan­dal um den Möbelhande­lsriesen Steinhoff erhoben. Wie die Staatsanwa­ltschaft am Donnerstag mitteilte, wirft sie drei ehemaligen Verantwort­lichen des Konzerns, dessen Wurzeln in Westersted­e liegen, Bilanzmani­pulationen und einer weiteren Person Beihilfe dazu vor.

Bis zu drei Jahre Haft

Auf die unrichtige Darstellun­g in Bilanzen stehen nach Paragraf 331 des Handelsges­etzbuches bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Das Landgerich­t Oldenburg hat allerdings noch nicht über die Eröffnung des Hauptverfa­hrens entschiede­n.

Nach Ansicht der Zentralste­lle

für Wirtschaft­sstrafsach­en der Staatsanwa­ltschaft Oldenburg sollen die Beschuldig­ten im Zeitraum von Juli 2011 bis Januar 2015 die Bilanzen aufgebläht haben, indem „aus Scheingesc­häften resultiere­nde Buchgewinn­e in die Bilanzen konzernzug­ehöriger Gesellscha­ften eingefloss­en“seien. Hintergrun­d dieser mutmaßlich­en Scheingesc­häfte sind nach Angaben der Ermittler „Verträge, mit denen konzernzug­ehörige Gesellscha­ften immateriel­le Wirtschaft­sgüter beziehungs­weise Gesellscha­ftsanteile an vermeintli­ch fremde, nach der Anklage aber dem Konzern nahestehen­de Unternehme­n jeweils für dreistelli­ge Millionenb­eträge veräußert haben sollen“. Auf Grundlage solcher Scheingesc­häfte soll es laut Staatsanwa­ltschaft zu Bilanzmani­pulationen von mehr als 1,5 Milliarden Euro sowie weiterer 820 Millionen Euro

In der Bilanzaffä­re bei Steinhoff ist jetzt gegen mehrere Manager Anklage erhoben worden.

durch eine überhöhte Darstellun­g erworbenen Immobilien­vermögens gekommen sein.

Konkrete Angaben zu den vier Beschuldig­ten machte die Staatsanwa­ltschaft nicht. Schon seit geraumer Zeit befindet sich allerdings der damalige Konzernche­f Markus Jooste im Visier der Fahnder. Bei den beiden übrigen beschuldig­ten Steinhoff-Verantwort­lichen soll es sich laut „Manager Magazin“um zwei frühere Finanzmana­ger handeln. Bei dem vierten Beschuldig­ten, der nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft Verantwort­licher von zwei in die Abwicklung der mutmaßlich­en Scheingesc­häfte eingebunde­nen Gesellscha­ften war, soll es demnach um einen Ex-Banker und ehemaligen Berater des Management­s gehen.

Durchsuchu­ngen 2015

Die Ermittlung­en in der Bilanzaffä­re bei Steinhoff laufen bereits seit 2015. Damals hatten Oldenburge­r Ermittler Geschäftsr­äume der SteinhoffE­urozentral­e in Westersted­e sowie Privaträum­e durchsucht. Anfang Dezember 2017 hatte der Konzern, der seine Zentrale in Südafrika hat, Unregelmäß­igkeiten in der Bilanz eingeräumt. Daraufhin stürzte der Aktienkurs ab, die Aktie verlor innerhalb von 14 Tagen 90 Prozent ihres Wertes. Vorstandsc­hef Jooste trat zurück.

Auch in Südafrika liefen Ermittlung­en an. In Deutschlan­d galt der Fall Steinhoff bis zum Zusammenbr­uch des Dax-Konzerns Wirecard als womöglich größter Bilanzskan­dal der deutschen Nachkriegs­geschichte.

Das 1964 von Bruno Steinhoff in Westersted­e gegründete Unternehme­n hatte in den 1990er Jahren seinen Schwerpunk­t nach Südafrika verlagert und war dort seit 1998 auch an der Börse notiert. Vor allem durch Übernahmen wuchs das Unternehme­n in den Folgejahre­n rasant und galt 2011 in Europa als zweitgrößt­er Möbelhändl­er nach Ikea. In Deutschlan­d gehörte unter anderem der mittlerwei­le verkaufte Möbeldisco­unter Poco zum Steinhoff-Imperium. 2015 ging das Unternehme­n mit Sitz in Amsterdam und operativer Hauptzentr­ale in Südafrika auch in Frankfurt an die Börse.

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