Anklage im Bilanzskandal bei Steinhoff
Staatsanwaltschaft Oldenburg wirft mehreren Ex-Managern Bilanzmanipulation vor
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Zunahme des Großhandelsumsatzes in Deutschland (real) 2020. Nominal, vor Einbeziehung der Teuerungsrate, ergab sich ein Minus von 0,4 Prozent, so das Statistische Bundesamt (4. Quartal: real 4,7 Prozent, nominal 2,9 Prozent).
Oldenburg/Westerstede – Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat nach mehrjährigen Ermittlungen jetzt Anklage im Bilanzskandal um den Möbelhandelsriesen Steinhoff erhoben. Wie die Staatsanwaltschaft am Donnerstag mitteilte, wirft sie drei ehemaligen Verantwortlichen des Konzerns, dessen Wurzeln in Westerstede liegen, Bilanzmanipulationen und einer weiteren Person Beihilfe dazu vor.
Bis zu drei Jahre Haft
Auf die unrichtige Darstellung in Bilanzen stehen nach Paragraf 331 des Handelsgesetzbuches bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe. Das Landgericht Oldenburg hat allerdings noch nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden.
Nach Ansicht der Zentralstelle
für Wirtschaftsstrafsachen der Staatsanwaltschaft Oldenburg sollen die Beschuldigten im Zeitraum von Juli 2011 bis Januar 2015 die Bilanzen aufgebläht haben, indem „aus Scheingeschäften resultierende Buchgewinne in die Bilanzen konzernzugehöriger Gesellschaften eingeflossen“seien. Hintergrund dieser mutmaßlichen Scheingeschäfte sind nach Angaben der Ermittler „Verträge, mit denen konzernzugehörige Gesellschaften immaterielle Wirtschaftsgüter beziehungsweise Gesellschaftsanteile an vermeintlich fremde, nach der Anklage aber dem Konzern nahestehende Unternehmen jeweils für dreistellige Millionenbeträge veräußert haben sollen“. Auf Grundlage solcher Scheingeschäfte soll es laut Staatsanwaltschaft zu Bilanzmanipulationen von mehr als 1,5 Milliarden Euro sowie weiterer 820 Millionen Euro
In der Bilanzaffäre bei Steinhoff ist jetzt gegen mehrere Manager Anklage erhoben worden.
durch eine überhöhte Darstellung erworbenen Immobilienvermögens gekommen sein.
Konkrete Angaben zu den vier Beschuldigten machte die Staatsanwaltschaft nicht. Schon seit geraumer Zeit befindet sich allerdings der damalige Konzernchef Markus Jooste im Visier der Fahnder. Bei den beiden übrigen beschuldigten Steinhoff-Verantwortlichen soll es sich laut „Manager Magazin“um zwei frühere Finanzmanager handeln. Bei dem vierten Beschuldigten, der nach Angaben der Staatsanwaltschaft Verantwortlicher von zwei in die Abwicklung der mutmaßlichen Scheingeschäfte eingebundenen Gesellschaften war, soll es demnach um einen Ex-Banker und ehemaligen Berater des Managements gehen.
Durchsuchungen 2015
Die Ermittlungen in der Bilanzaffäre bei Steinhoff laufen bereits seit 2015. Damals hatten Oldenburger Ermittler Geschäftsräume der SteinhoffEurozentrale in Westerstede sowie Privaträume durchsucht. Anfang Dezember 2017 hatte der Konzern, der seine Zentrale in Südafrika hat, Unregelmäßigkeiten in der Bilanz eingeräumt. Daraufhin stürzte der Aktienkurs ab, die Aktie verlor innerhalb von 14 Tagen 90 Prozent ihres Wertes. Vorstandschef Jooste trat zurück.
Auch in Südafrika liefen Ermittlungen an. In Deutschland galt der Fall Steinhoff bis zum Zusammenbruch des Dax-Konzerns Wirecard als womöglich größter Bilanzskandal der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Das 1964 von Bruno Steinhoff in Westerstede gegründete Unternehmen hatte in den 1990er Jahren seinen Schwerpunkt nach Südafrika verlagert und war dort seit 1998 auch an der Börse notiert. Vor allem durch Übernahmen wuchs das Unternehmen in den Folgejahren rasant und galt 2011 in Europa als zweitgrößter Möbelhändler nach Ikea. In Deutschland gehörte unter anderem der mittlerweile verkaufte Möbeldiscounter Poco zum Steinhoff-Imperium. 2015 ging das Unternehmen mit Sitz in Amsterdam und operativer Hauptzentrale in Südafrika auch in Frankfurt an die Börse.