Nordwest-Zeitung

„Wir wollten Kindern die Welt zeigen“

Regisseur und Vater der Maus Armin Maiwald über 50 Jahre „Die Sendung mit der Maus“

- Von Cornelia Wystrichow­ski

Armin Maiwald ist Filmemache­r, Autor und Miterfinde­r der „Sendung mit der Maus“. Die „Lach- und Sachgeschi­chten“hatten ihre Fernsehpre­miere einst am 7. März 1971. Seit einem halben Jahrhunder­t ist die Maus ein Superstar im Kinderfern­sehen.

An diesem Wochenende wird die Maus im Fernsehen gefeiert. Armin Maiwald erinnert sich an die Anfänge des Klassikers und spricht über kluge Kinderfrag­en.

Herr Maiwald, die von Ihnen miterfunde­ne „Sendung mit der Maus“wird 50 und groß gefeiert. Sind Sie stolz? Maiwald: Ein bisschen schon, und natürlich fühle ich mich von dem großen Rummel auch ein wenig geschmeich­elt. Am Anfang hat ja kein Mensch damit gerechnet, dass die Sendung sich so lange hält – und es gab ja auch viel Kritik.

Was wurde anfangs kritisiert? Maiwald: Es hieß: Das ist alles zu schnell, es geht über die Köpfe der Kinder hinweg, ihr zeigt nicht die ausgebeute­ten Massen – es gab keinen Vorwurf, den wir nicht gekriegt hätten. Die Kritik kam aus allen Richtungen. Den Rechten waren wir zu links und den Linken zu rechts, also lagen wir im Prinzip genau richtig.

Was war die ursprüngli­che Absicht hinter der Sendung? Maiwald: Bis dahin bestand Kinderprog­ramm vor allem daraus, dass eine Tante was vorgelesen oder irgendein Onkel was gebastelt hat. Wir wollten raus aus dem Studio und den Kindern die Welt zeigen, in der sie eigentlich leben. Die ersten Sachgeschi­chten drehten sich um Dinge, die jedes Kind kennt. Wir haben gezeigt, dass das Brötchen, die Milch und das Ei schon einen langen Weg hinter sich haben, ehe sie auf dem Frühstücks­tisch landen. Das waren die ersten drei Filme, denn die Kinder wohnten schon damals zum größten Teil in Städten und hatten keinen Zugang zu Bauernhöfe­n oder Backstuben.

Was wollen Kinder heute am häufigsten wissen? Maiwald: Heutzutage drehen sich viele Fragen um Computer, Handys und solche Sachen, wie etwa: Was passiert, wenn ich bei meinem Computer auf den Buchstaben A drücke? Wie funktionie­rt das Internet? Woher weiß das Handy, dass ich jetzt in Köln auf der Domplatte bin? Das sind Fragen, die den Kindern heute täglich begegnen, und das ist oft schwierig zu beantworte­n, denn Strom kann man nicht sehen – man kann nur die Auswirkung­en beobachten. Aber die Kinder schicken uns auch andere Fragen: Wie schwer ist eine Wolke, oder: Woher weiß die Kopfschmer­ztablette, dass sie in den Kopf soll, wo ich sie doch in den Magen schlucke?

Manchmal habe ich das Gefühl, dass Erwachsene ihre Kinder vorschicke­n, wenn sie selbst die Frage nicht beantworte­n können. Aber das ist nur eine Vermutung.

Der Vorspann wird stets in einer Fremdsprac­he wiederholt. Gibt es Sprachen, die noch nie vorkamen? Maiwald: Ich glaube nicht – von Kisuaheli bis Chinesisch ist, glaube ich, jede Sprache schon mal dagewesen. Die ersten Sprachen, die damals ausgewählt wurden, waren die der damals sogenannte­n Gastarbeit­er, wo wir annahmen, wenn die ihre Familien nachholen sind Kinder dabei, die noch nicht deutsch sprechen. Die ersten vier Sprachen waren deshalb Spanisch, Portugiesi­sch, Serbokroat­isch und Italienisc­h. Aber die Sache hat im Lauf der Zeit ihr Eigenleben bekommen, und heutzutage scheinen viele Zuschauer gerne zu rätseln, um was für eine Sprache es sich handelt.

Gibt es Tabuthemen? Maiwald: Aus Parteipoli­tik halten wir uns raus, auch aus Religion. Eine der meistgeste­llten Fragen an uns lautet: Wo wohnt der liebe Gott? Darauf kann man ja keine vernünftig­e Antwort geben. Wir waren durchaus mal in einer Moschee, um zu zeigen, wie es da aussieht, wir haben erklärt, was die Bedeutung des siebenarmi­gen Leuchters ist, oder den Unterschie­d zwischen evangelisc­hen oder katholisch­en Hostien. Aber alles, was mit Glaubensfr­agen und Parteipoli­tik zusammenhä­ngt, können wir seriöserwe­ise nicht beantworte­n.

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Dpa-BILD: Vennenbern­d

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