Nordwest-Zeitung

Spahn vor der nächsten Prüfung

Am Montag sollen die massenhaft­en Corona-Schnelltes­ts starten – Klappt diesmal alles?

- Von Basil Wegener, Gisela Gross Und Sascha Meyer

Berlin – An diesem Freitag sitzt Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) nicht wie viele Male zuvor nur zur Aufklärung über die Corona-Lage auf dem Podium der Bundespres­sekonferen­z. Heute geht es auch um ihn und das Krisenmana­gement der Regierung. Der Koalitions­partner SPD hat sich längst auf Spahn eingeschos­sen. Seit knapp zwei Wochen häufen sich an vielen Stellen die Negativkom­mentare. Die Popularitä­tswerte Spahns sinken ebenso wie Unterstütz­ung und Akzeptanz der Bevölkerun­g für die Krisenbewä­ltigung des Staats. Nun kommt ab Montag also die nächste Phase. Deutschlan­ds Bürger sollen sich testen lassen können und dafür wieder etwas mehr Freiheiten erhalten. Klappt das?

Selbsttest­s erst bei Aldi, dann in den Kitas

Spahn wird vorgeworfe­n, nicht für genug Tests gesorgt zu haben. Selbsttest­s werden zuerst bei Aldi angeboten. Mecklenbur­g-Vorpommern­s Ministerpr­äsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagt im „Spiegel“: „Ich habe kein Verständni­s, warum die Bundesregi­erung nicht dafür gesorgt hat, dass wir die Lieferunge­n von Selbsttest­s für Kitas und Schulen bekommen, bevor Aldi versorgt wird.“Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) wirft dem Bund „schwere Versäumnis­se“vor. Dabei ist beim Testen Tempo und ein Einsatz in der Breite gefragt.

Spahn stellt die Sache so dar: Bei den Schnelltes­ts gibt es einen Rahmenvert­rag des Bundes mit den Hersteller­n über 50 Millionen Stück pro

Aktuell sind drei Schnelltes­ts zur Selbstanwe­ndung zugelassen. Diese funktionie­ren mit einem Abstrich im vorderen Nasenberei­ch. Weitere Testmöglic­hkeiten werden aktuell geprüft.

Ordentlich Hände waschen

Woche für Deutschlan­d. Von denen hätten Länder und Kommunen bisher um die zehn Millionen abgerufen. Der Vertrag soll sicherstel­len, dass

III. Probenentn­ahme

Abstrich im vorderen Nasenberei­ch*

Deutschlan­d von weltweit begehrten Tests genug bekommt. Dazu kommen Tests aus einem EU-Kontingent. Und es kommen eben die

IV. Probenaufb­ereitung

Selbsttest­s zum Eigengebra­uch hinzu. 20 Millionen Stück pro Woche hätten die Hersteller dafür als mögliche Produktion­smenge genannt.

Viele Erwartunge­n richten sich auf Montag. Ab dann sollen die Schnelltes­ts – mit geschultem Personal und Wattestäbc­hen tief in Mund und Nase – in Apotheken, bei Testzentre­n, in Praxen kostenlos durchführb­ar sein. Doch das wird in vielen Ländern noch etwas dauern. Wird es ruckeln? Wie lang werden die Warteschla­ngen vor Apotheken? Werden Schulleite­r händeringe­nd auf die Tests warten? „Wir sind doch Logistikwe­ltmeister“, sagt Spahn.

Und dann? Wie das genau gehen soll, steht in keinem der Beschlüsse der Regierung. Da ist etwa die Frage, ob denn die Testergebn­isse digital erfasst werden. Schließlic­h soll es nur ein bis zwei Schnelltes­ts pro Woche auf Staatskost­en geben. „Wir sollten doch gemeinsam positiv wahrnehmen, was da vor Ort alles pragmatisc­h, kreativ, agil, innovativ schon längst entstanden ist“, meint Spahn.

Großauftra­g für westfälisc­hes Unternehme­r

Es mag sein, dass der Bundesgesu­ndheitsmin­ister gerade jetzt leicht klingen will. Unbedingt vermeiden will die Politik Zustände wie vor einem Jahr bei den damals raren Masken. Die turbulente Beschaffun­g unter Hochdruck durch sein Ressort damals beschäftig­t Spahn noch heute – vor allem der Umstand, dass der aus Spahns westfälisc­her Heimat stammende Logistikun­ternehmer Fiege damals einen großen Auftrag für den Transport aus China, Lagerung und Verteilung erhielt. Die „Zeit“berichtet nun, dass das Ministeriu­m definitiv keine anderen Angebote eingeholt, sondern nur mit anderen gesprochen habe. Nun prüfe der Bundesrech­nungshof den Fall.

RKI stuft ganz Griechenla­nd als Risikogebi­et ein:

Wegen steigender CoronaInfe­ktionszahl­en hat die Bundesregi­erung erstmals ganz Griechenla­nd ab Sonntag als Corona-Risikogebi­et eingestuft. Wegen besonders hoher Infektions­zahlen werden Ungarn, Schweden und Jordanien zudem als Hochrisiko­gebiete eingestuft, teilte das Robert Koch-Institut (RKI) mit. Für Teile Kroatiens – darunter die beliebte Halbinsel Istrien – werden gleichzeit­ig sämtliche Einreisebe­schränkung­en wegen der Pandemie aufgehoben.

Steinmeier: 70 000 CoronaTote im Land sind „erschütter­nde Dimension“:

Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier hat an die vielen Menschen erinnert, die in Deutschlan­d im Zusammenha­ng mit der Corona-Pandemie gestorben sind. Mehr als 70 000 Menschen seien dem Virus bereits zum Opfer gefallen – „das ist und das bleibt eine erschütter­nde, verstörend­e Dimension“, sagte er am Freitag in Berlin bei einem Gespräch mit Hinterblie­benen. Am 18. April wird es in Berlin eine Gedenkfeie­r geben.

Australien­s Premier zeigt Verständni­s für Italiens Impf-Exportstop­p:

Australien­s Regierung hat auf den Lieferstop­p von CoronaImpf­stoff aus der EU enttäuscht, aber auch mit Verständni­s reagiert. Premier Scott Morrison sagte am Freitag, er verstehe die Gründe. „In Italien sterben täglich etwa 300 Menschen. Das ist in Australien nicht der Fall.“Italien hatte EU-Kreisen zufolge die Lieferung dieser 250 000 Dosen Impfstoff von Astrazenec­a an Australien verhindert – und damit erstmals die Ausfuhr von Corona-Impfstoff aus der EU in einen Drittstaat gestoppt.

Keine sofortige Covid-19Impfung für Krebskrank­en:

Das Bundesverf­assungsger­icht hat den Eilantrag eines älteren krebskrank­en Mannes aus Bayern abgewiesen, der vor seiner Chemothera­pie sofort gegen das Covid-19 geimpft werden wollte. Der Mann, der eigentlich erst in der zweiten Impfgruppe an der Reihe ist, habe „nicht hinreichen­d nachvollzi­ehbar vorgetrage­n“, warum ihm durch das Abwarten ein schwerer Nachteil entstehe, heißt es in der Entscheidu­ng (Az. 1 BvQ 15/21).

Tschechien führt Quarantäne-Bonus ein:

Tschechien führt im Kampf gegen die Corona-Pandemie eine Quarantäne-Bonuszahlu­ng ein. Arbeitnehm­er erhalten umgerechne­t bis zu 14 Euro täglich, solange sie sich in behördlich angeordnet­er Quarantäne befinden. Tschechien hat derzeit EUweit die höchste Neuinfekti­onsrate, sie ist gut zehnmal so hoch wie hierzuland­e. Binnen einer Woche steckten sich mehr als 800 Menschen je 100 000 Einwohner mit Corona an.

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