„Das kann junge Menschen für immer prägen“
Vechtaer Neurologe Storcks warnt vor Lockdown-Folgen für Kinder und Jugendliche
Welche Auswirkungen hat der Lockdown auf Kinder und Jugendliche?
Albert Storcks: Die seit fast einem Jahr anhaltenden Corona-Einschränkungen werden Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche haben, die wir derzeit noch gar nicht abschätzen können. Abgesehen von gesundheitlichen Schäden – etwa durch zunehmenden Bewegungsmangel und Übergewicht sowie Vereinsamung und einem mitunter problematischen Medienverhalten – sind auch negative Folgen für das soziale Miteinander und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu befürchten.
Familienmitglieder und Freunde werden im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr vertrauensvoll mit offenen Armen begrüßt. Kinder und Jugendliche werden stattdessen angehalten, auf Distanz zu gehen und Kontakte möglichst zu vermeiden. Derzeit beweaktuellen Corona-Entscheidungen muss es eine der Hauptaufgaben sein, Kinder und Jugendliche von dieser Geißel zu befreien.
Wie sieht es mit gesundheitlichen Folgeschäden aus? Storcks: Hier erwartet uns eine Mammutaufgabe. Schon von Beginn an beobachten wir vor allem Verhaltensauffälligkeiten und vermehrte Aggressionen in den Familien. Die Nerven liegen vielerorts blank. Inzwischen folgen Resignation, Vereinsamung und Depressionen. Dazu kommen ein hoher Medienkonsum und die Verschiebung des Tag-NachtRhythmus.
Abgesehen davon wird es im sozialen Miteinander nachhaltig und langfristig zu großen Defiziten kommen. Zum Beispiel wird der Sinn des Schulbesuchs durch die Corona-Pandemie in fataler Weise relativiert. Die Politik propagiert seit Monaten, dass das Recht auf Bildung, Begegnung und Erziehung in der Schule hinter dem Corona-Schutz zurückzustehen hat. Für Kinder und Jugendliche ist das ein Signal, dass der Schulbesuch nur begrenzt wichtig ist.
Was ist zu tun? Storcks: Als Sofortmaßnahme sollten Schulen für Schüler aller Altersgruppen umgehend mit bestmöglichen Schutzund Hygienekonzepten geöffnet werden. Dazu gehört, dass Erzieher und Lehrer jetzt sehr schnell geimpft werden. Zudem sollten regelmäßig Screening-Tests durchgeführt werden, mit denen Corona-Infektionen rechtzeitig erkannt und Betroffene sofort nach Haus in Quarantäne geschickt werden können.
All diese Möglichkeiten haben wir. Sie müssen nur gewollt sein und genutzt werden. Die soziale Teilhabe in der Schule und im Verein ist überlebenswichtig für eine gesunde Gesellschaft. Wie bei einer Taschenlampe ohne Batterie gibt es ohne Kontakt kein Licht.