Nordwest-Zeitung

Einzelhand­el regt Krisenstab an

Innenstadt-Kaufleute legen konkrete Maßnahmen zur Wiederbele­bung auf den Tisch

- Von Karsten Röhr

Montag hat Theobalds Kollegin ihm erzählt, dass bei ihr gerade alles schief geht, sie Schimmel im Bad hat, ein Wasserhahn kaputt ist und die Heizung nicht richtig funktionie­rt. Auch am Freitag berichtete sie noch vom Chaos, das mittlerwei­le in der Wohnung herrscht. Zumindest war der Maler da, um sich um den Schimmel zu kümmern. Da er aber seine Arbeit am Montag fortsetzen muss, hat sich in ihrer Wohnung eine Baustellen-Atmosphäre eingestell­t, die ihr Bauchschme­rzen bereitet. Am Wochenende so wenig Zeit wie möglich in der Wohnung, sondern an der frischen Luft zu verbringen, rät ihr deshalb

theobald@NWZmedien.de

Oldenburg – Die Lage im Einzelhand­el in der Stadt ist „dramatisch“, hat IHK-Chef Dr. Thomas Hildebrand­t die Lage vor wenigen Tagen zusammenge­fasst. Wohl ohne zu übertreibe­n. „Uns Händlern steht das Wasser bis zum Hals“, sagt Andrea Holert von Lederwaren Holert. Alle schrieben tiefrote Zahlen, den Textiliste­n habe man „inzwischen die dritte Saison genommen“. Alle böten natürlich „Click & Meet“. Jenseits einer echten Öffnung fehlten aber strukturel­le Veränderun­gen. Auf allen Ebenen müsse zügig deutlich mehr passieren als bisher.

„Haben selbes Ziel“

Andrea Holert ist Teil einer frischen Initiative aus der Haarenstra­ße, die mit der Stadt den Karren aus dem Dreck ziehen helfen will. Zusammen mit Eva Müller-Meinhard vom Modehaus Bruns und Thilo Hanken (Hankens Apotheken) gab es gerade ein erstes Treffen mit Oberbürger­meister Jürgen Krogmann und Ralph Wilken, Leiter der Wirtschaft­sförderung. Andrea Holert sagt: „Wir haben dasselbe Ziel.“

Thilo Hanken sagt: „Es gab einige, die schon vor Corona gewackelt haben, aber viele waren kerngesund.“Die Gruppe regt die kurzfristi­ge Bildung „einer manövrierf­ähigen, knackigen Mannschaft aus Stadt und Handel an, mit Innenstadt­manager, CMO und betroffene­n Händlern, als effektivem Krisenstab, um wieder Leben in die Bude zu bringen“, sagt Andrea Holert. Passend dazu hatte die Verwaltung gerade im Wirtschaft­sförder-Ausschuss einen ähnlichen, dringliche­n Auftrag aus der Politik aufgenomme­n.

Für die Händler aus der Werbegemei­nschaft der Haarenstra­ße ist klar, dass „in den Randgebiet­en der Innenstadt und den B-Lagen mehr Kultur, Sport und Wohnen einziehen

Unternehme­n etwas: Thilo Hanken (Hankens Apotheken), Hans-Hermann Cordes und Andrea Holert (Leder Holert), die sich mit Eva Müller-Meinhard (Bruns), Jürgen Krogmann und Wirtschaft­sförder-Chef Ralph Wilken getroffen haben.

müssen“, sagt Thilo Hanken. Dies sei am Ende aber nur im Gespräch mit den Vermietern zu klären, denen mit Blick auf die geforderte Miethöhe langsam klar werden müsse, dass neue Zeiten angebroche­n seien. Innenstadt und Handel müssten sich aber so oder so „drehen und weiterentw­ickeln“, sagt Hans-Hermann Cordes von Leder Holert.

Vorschläge

Erste konkrete Punkte der Gruppe liegen auf dem Tisch:

■ Nutzungsge­bühren für den öffentlich­en Raum auf den Prüfstand stellen, also für Markisen, Überdachun­g und Bestuhlung. Für alles nimmt die Stadt Geld. „Das würde auch die Gastronome­n entlasten. Die Aufstellun­gsregeln bleiben natürlich“, sagt Holert.

■ Eine gut geregelte Erreichbar­keit der Innenstadt mit Rädern und Elektro-Rädern, mit Bewachung, Werkstatt und Ladestatio­n. Stationen könnten am Schlosspla­tz an der Neuen

Straße/Wallstraße und im Sanierungs­gebiet Heiligenge­iststraße/91er-Straße entstehen. ■ Parken nicht kostenfrei machen, aber auch keine weiteren Parkplätze streichen. Thilo Hanken: „Wir wollen die E-Mobilität fördern, aber auch die anderen nicht verlieren. Oldenburg ist sehr auf Auswärtige angewiesen.“

■ Organisati­on eines attraktive­n Lieferserv­ices mit Auslieferu­ngs-Stationen sowie eine Aufbewahru­ngsstation. Cordes sagt: „Das muss der Handel sehen, diese Leistung kostet ihn auch was.“

■ Die Mieten müssen runter.

■ Kinder-Betreuungs-Angebot für Einkäufe: eine öffentlich­e Kita in der Innenstadt.

■ Temporäre Reduzierun­g der Gewerbeste­uer

■ Zeitlich befristete­s Aussetzen der IHK-Beiträge

■ Finanzieru­ng der Weihnachts­beleuchtun­g in diesem Jahr durch die Stadt (bislang Handel plus Stadtzusch­uss)

■ Gute und schnelle Kommunikat­ion zwischen Handel und Verwaltung.

 ??  ??
 ?? BILD: Karsten Röhr ??
BILD: Karsten Röhr
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany