Nordwest-Zeitung

Nach 122 Jahren bleibt die Backstube kalt

Meisterbet­rieb im Kreis Oldenburg schließt – Café wird von Bäckerei Tönjes übernommen

- Von Anke Brockmeyer

Wardenburg – Die Bäckerei und Konditorei Jürgens in Wardenburg (Landkreis Oldenburg) schließt Ende April. Das teilte die Familie jetzt mit. Während das „Kleine Café“an der Oldenburge­r Straße am 1. April von der Bäckerei Tönjes aus Ganderkese­e übernommen wird, entstehen auf der Fläche der bisherigen Produktion­sstätte neue Wohnungen und Büroräume. Das Team, das seit Jahren im „Kleinen Café“tätig war, bleibt bestehen. Tönjes hat knapp 20 Filialen, teils mit Café. Bisher konzentrie­ren sie sich überwiegen­d im Großraum Delmenhors­t/Bremen.

Die Treue gehalten

Noch vor einem Jahr war eine umfangreic­he Grundsanie­rung des Hauptgesch­äfts der Bäckerei und Konditorei Jürgens an der Huntestraß­e geplant. Einige Wardenburg­er wunderten sich allerdings bereits über den langen Leeran

Geben ihren Betrieb auf: Harald, René und Hille Jürgens (kleines Bild, von rechts)

stand, der begonnene Umbau ruhte monatelang. „Bis Ende Januar haben wir noch positiv in eine Zukunft mit einer renovierte­n, gläsernen Produktion gesehen. Doch nun platzt

dieser Traum“, sagt Seniorchef Harald Jürgens. Die coronabedi­ngte Schließung des Cafés an der Oldenburge­r Straße sowie das im vergangene­n Jahr eingebroch­ene Liefergesc­häft

Gastronomi­ebetriebe – ein wichtiges Standbein des Meisterbet­riebes – habe zu dieser Entscheidu­ng geführt.

Viele Kunden hatten der Familie ganz bewusst in den vergangene­n Monaten die Treue gehalten und Frühstück oder Mittagstis­ch zum Mitnehmen bestellt. Dennoch sei der Druck auf den kleinen Familienbe­trieb mit jedem weiteren Monat der Schließung gestiegen. „Mittlerwei­le fehlt uns die Perspektiv­e zum Weitermach­en. Die Zukunft ist durch die Corona-Pandemie einfach zu ungewiss“, erklärt Jürgens. Dieses Risiko wollen er und seine Frau Hille ihrem Sohn René, der den Betrieb eigentlich langfristi­g übernehmen wollte, nicht aufbürden.

Mit der fünften Generation endet damit nach 122 Jahren die Geschichte des Wardenburg­er Traditions­unternehme­ns. „Dieser Schritt ist uns natürlich nicht leichtgefa­llen“, sagt Harald Jürgens. „Wir bleiben dem Konditoren- und Bäckerhand­werk verbunden und haben großen Respekt vor jedem Kollegen, der weiter für die Branche kämpft.“

Er selbst wird jetzt mit 63 Jahren in den Vorruhesta­nd gehen. Sein Sohn – Konditor, Bäckermeis­ter und Betriebswi­rt – orientiert sich im Moment neu. Gleichzeit­ig suchen sie für ihre Auszubilde­nde einen Betrieb, der die Ausbildung weiterführ­t. Ein weiterer Mitarbeite­r, der als Springer eingesetzt wurde, ist ebenfalls von der Schließung betroffen.

Wohnungen und Büros

Für das Grundstück an der Huntestraß­e, wo in den letzten Jahrzehnte­n nach alter Handwerkst­radition Brötchen, Brote, Kuchen, Kekse, Pralinen und Wardenburg­er Spezialitä­ten hergestell­t wurden, sei bereits eine Lösung gefunden worden, so die Familie: Die alten Gebäude weichen neuen Wohnungen und Büroräumen. Der Beginn der Abrissund Neubauarbe­iten ist für Mitte des Jahres geplant.

■ Gutscheine für das Café sind gültig bis 31. März 2022.

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BILDer: Imke Harms/privat

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