Nordwest-Zeitung

Wenn Wasser besser mundet als Wein – muss es eine Insel sein

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Ich besuchte Freunde auf Borkum. Mit Blick auf das Meer tranken wir kühlen Weißwein und dazu Leitungswa­sser. Ich musste nach einer Weile zugeben, dass mir das Wasser besser schmeckte als der Wein. Der Wein war nicht schlecht. Aber das Wasser eben besser.

Es kommt aus einer Wasserlins­e unter der Insel. Es ist gereinigte­s Regenwasse­r ohne jede Klärwasser­beimischun­g. Es gibt keine Behandlung durch Chlor oder andere Chemikalie­n. Über den Wasserlins­en wird keine Landwirtsc­haft betrieben, also gerät kein Dünger in den Boden und das schmeckt man. Hier bohrt keiner nach Öl.

Klaus-Peter Wolf, Bestseller­autor und Erfinder der Ostfriesla­ndkrimis, schreibt jede

Woche für unsere Zeitung auf, was ihm als Wahl-Ostfriesen an Norddeutsc­hland so sehr gefällt.

Die eigentlich­en Bodenschät­ze auf den ostfriesis­chen Inseln sind die Regenwasse­rvorräte. Vielleicht ist es im Rest der Welt sogar ähnlich und wir haben es nur noch nicht gemerkt. Wenn meine Frau Bettina und ich auf eine Insel kommen, gehört zu unserem Ankunftsri­tual nicht nur der erste Blick aufs Meer, das Fallenlass­en aller Sorgen

Sand oder Wattboden, sondern wir gehen auch in der Ferienwohn­ung direkt zum Spülbecken und drehen den Hahn auf. Schon nach Sekunden plätschert kühles Wasser in unsere Gläser. Damit prosten wir uns zu und jeder leert sein Glas mit einem Zug. Dann schauen wir uns an und nennen den Namen der Insel, denn auf jeder Insel schmeckt das Wasser anders, weil die Böden verschiede­n sind.

Das Leitungswa­sser auf Norderney und Juist hat eine leicht gelbliche Färbung. Das auf Langeoog und Spiekeroog wird auch Latte macchiato genannt, weil es, wenn man ein Glas eine Weile stehen lässt, unten braun und oben leicht milchig aussieht. Wie bei gutem Wein schmeckt man den Boden.

Das Süßwasser auf den meisten Inseln lagert auf Salzwasser, eingeschlo­ssen von Ton und Torfschich­ten. Das sieht man. Das riecht man. Das schmeckt man. Wunderbar! Das Wasser auf Wangerooge kommt über eine fast acht Kilometer lange Rohrverbin­dung vom Festland. Auch Baltrum wird vom Festland versorgt.

Wenn Freunde aus dem Ruhrgebiet oder aus Süddeutsch­land bei uns zu Besuch sind, trinken sie hier gerne Tee. Sehr schnell bilden sich zwei Fraktionen, die Thiele-Tee-Liebhaber und die Bünin ting-Tee-Begeistert­en. Natürlich nehmen sie sich ihren Lieblingst­ee mit nach Hause.

Sie haben in Ostfriesla­nd genau gelernt, wie man ihn zubereitet, aber dann werden sie doch oft bitter enttäuscht. Denn nicht nur die Teemischun­g entscheide­t, das Wasser spielt eine wichtige Rolle. In Ostfriesla­nd ist es weich. Ideal zum Teekochen. Deshalb nehmen sich immer mehr Menschen ostfriesis­ches Wasser in Kanistern mit nach Hause.

Latte macchiato für besseren Tee.

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