Nordwest-Zeitung

Mord an Kita-Kind: Lebenslang­e Haft

Gericht spricht 25-Jährige schuldig – Zweijährig­e Greta starb im April 2020 in Viersener Kita

- Von Frank Christians­en

Der deutsche Astronaut Alexander Gerst (44) hat bei seiner Bewerbung 2008 bei der Europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa mit einer Ablehnung gerechnet. „Ich dachte, Astronaute­n müssten Supermänne­r sein – und mir war ja klar, ich hingegen bin nur ein Mensch“, sagte Gerst der Nachrichte­nagentur dpa. Außerdem habe er die Statistik gekannt. „Da bewerben sich Tausende Menschen, ausgewählt werden aber nur vier bis sechs. Es wäre schon sehr überheblic­h, da zu denken: ,Klar schaffe ich das.‘ Es geht vielmehr darum, seinem Traum eine faire Chance zu geben.“Der Geophysike­r und Vulkanolog­e aus Künzelsau (Baden-Württember­g) wurde genommen und flog 2014 und 2018 zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS.

Mönchengla­dbach – Für den Mord an der kleinen Greta in einer Viersener Kita ist ihre Erzieherin zu lebenslang­er Haft verurteilt worden. Das Landgerich­t Mönchengla­dbach sprach die 25-Jährige am Freitag schuldig. Außerdem stellte das Gericht die besondere Schwere ihrer Schuld fest. Zudem verurteilt­en die Richter die Frau wegen der Misshandlu­ng von Schutzbefo­hlenen in zwei Fällen.

„Allein und ungestört“

Die Frau soll der zweijährig­en Greta während des Mittagssch­lafes den Brustkorb zusammenge­drückt haben, sodass sie nicht mehr atmen konnte. „Die Angeklagte war im Dienst und hatte – allein und ungestört – Zugriffsmö­glichkeit auf die Kinder“, sagte der Vorsitzend­e Richter Lothar Beckers bei der Urteilsbeg­ründung. Das Mädchen starb zwei Wochen später im Krankenhau­s.

Greta sei am Tattag im April 2020 wegen der Corona-Pandemie zum ersten Mal seit Wochen wieder in die Kita gegangen und habe sich sehr gefreut. Sie sei kerngesund gewesen. Die Leiterin der Viersener Kita hatte berichtet, die Angeklagte sei sehr zurückhalt­end gewesen und habe nicht ins Team gepasst. Sie habe ihr Verhalten seltsam gefunden und entschiede­n, ihr zu kündigen.

Die 25-jährige Erzieherin im Gerichtssa­al

Auch an ihren früheren Arbeitsste­llen war sie von Kolleginne­n und Vorgesetzt­en als emotionslo­s und ungeeignet beschriebe­n worden.

Schon in anderen Kitas soll sie Kindern den Brustkorb zusammenge­presst und sie damit in Lebensgefa­hr gebracht haben. Die Verteidige­r hatten dennoch einen Freispruch gefordert. Es gebe keinen Tatnachwei­s, die Todesursac­he sei nicht eindeutig geklärt. Das Landgerich­t Mönchengla­dbach ging davon aus, dass es sich bei den Übergriffe­n der Frau um „bizarre, erzieheris­che Maßnahmen“der 25-Jährigen gehandelt hat.

Der Staatsanwa­lt hatte vermutet, dass die Frau die Kinder in Gefahr brachte, um sich als Retterin zu profiliere­n. Sie hatte jeweils selbst Alarm geschlagen, wenn die Kinder Atemnot hatten, oder gar nicht mehr atmeten. Die vorangegan­genen Verdachtsf­älle in Einrichtun­gen in Krefeld, Kempen und Tönisvorst waren erst nach und nach ans Licht gekommen. Immer war die Angeklagte mit den Kindern allein, als es zu den Vorfällen kam.

Bereits auffällig

Die Erzieherin war bereits 2019 wegen Vortäusche­ns einer Straftat aufgefalle­n. Eine Ärztin stellte fest, dass die Frau dringend psychologi­sche Hilfe benötige. Zahlreiche Zeugen, darunter auch Freunde der jungen Frau, hatten ausgesagt, dass die 25-Jährige sehr viel log. Nach dem Schuldspru­ch brach die Deutsche, die bis zuletzt ihre Unschuld beteuert hatte, in Tränen aus. Ihre Verteidige­r kündigten Revision gegen das Urteil an.

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Dpa-BILD: Vennenbern­d
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