Nordwest-Zeitung

Wenn Wut und Hass aus dem Netz tödlich werden

Beklemmend­er Kieler „Tatort“über Gewalt gegen Frauen und die Incel-Bewegung

- Von Martin Weber

Kiel – Ein „Tatort“über Gewalt gegen Frauen: Kurz vor dem internatio­nalen Frauentag beschäftig­t sich der Krimi mit einem brisanten Thema. Es geht in dem packenden Film mit den Kieler Kommissare­n Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) um die Incel-Bewegung (Incel: „Involuntar­y Celibate“– unfreiwill­iger Zölibat), in der sich überall auf der Welt Männer zusammensc­hließen, die sich von Frauen abgelehnt fühlen und deshalb einen tiefen Hass aufs andere Geschlecht entwickeln.

Hass in Internetfo­ren

Wie so viele unguten Strömungen und Entwicklun­gen spielt sich diese Verachtung hauptsächl­ich in geschützte­n Internetfo­ren ab, wo frustriert­e Männer über angeblich demütigend­e Erfahrunge­n mit Frauen klagen, sich in regelrecht­e Wutfantasi­en hineinstei­gern und sich gegenseiti­g zu Gewalt gegen Frauen, aber auch gegen Migranten, Juden oder Schwule aufstachel­n.

Auch im beklemmend­en Krimi „Tatort: Borowski und die Angst der weißen Männer“an diesem Sonntag, 7. März (20.15 Uhr, ARD), lädt sich ein junger Mann mit diesem Hass im Internet auf, bevor er zur Tat schreitet. Der Film, für den die Drehbuchau­toren Peter Probst und Daniel Nocke umfassend in der Incel-Szene recherchie­rt haben, ist ein spannender Krimi über ein wichtiges Thema und erzählt zugleich die durchaus tragische Geschichte eines fehlgeleit­e

Gerichtsme­dizinerin Dr. Kroll informiert im neuen „Tatort“die Kommissare Borowski und Sahin

ten Außenseite­rs, der keineswegs als gefühllose­s Monster gezeichnet wird. Ein weiterer Pluspunkt: Die schon mehrfach mit dem Grimme-Preis ausgezeich­nete Regisseuri­n Nicole Weegmann verzichtet darauf, die Not der Opfer voyeuristi­sch auszuschla­chten, wie das allzu oft in Krimis

über Gewalt gegen Frauen geschieht. Ihr Krimi geht in manchen Szenen ans Eingemacht­e, verzichtet aber fast völlig auf grausame Details.

Der Kieler „Tatort“, in dem die beiden Kommissare voll gefordert sind, beginnt mit einer klassische­n weiblichen Angstsitua­tion: Eine Frau wird nachts von bedrohlich­en Gestalten im Parkhaus verfolgt und überfallen. Die tödliche Gewalttat findet jedoch an anderer Stelle statt: Auf einer verwahrlos­ten Brachfläch­e in der Nähe eines Clubs wurde eine mit K.O.-Tropfen betäubte junge Frau brutal misshandel­t und getötet.

Weibliche Angstsitua­tion

Borowski findet am Fundort der Leiche den ersten Hinweis auf Neonazis. Die Spur führt zu Mario Lohse (Joseph Bundschuh), einem schüchtern­en jungen Mann, der tagsüber an der Parkhaus-Kasse sitzt und in der fraglichen Nacht im Club mit dem Opfer gesehen wurde. Lohse ist ein Anhänger eines extrem frauenfein­dlichen Populisten. Borowski beschließt, diesem undercover auf den Zahn zu fühlen.

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DPA-BILD: Schroeder/NDR/ARD

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