Nordwest-Zeitung

Kleinkinde­r: Touchscree­nnutzung beeinträch­tigt Konzentrat­ionsfähigk­eit

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Kinder mit häufiger Nutzung von Bildschirm­medien im Kleinkinda­lter zeigen gehäuft Konzentrat­ionsschwie­rigkeiten. Wenige Studien haben bisher untersucht, wie die heute allgegenwä­rtigen Touchscree­n-Geräte wie Smartphone­s und Tablets die Entwicklun­g von Kleinkinde­rn beeinfluss­en. Touchscree­nGeräte bieten interaktiv­e Inhalte und sind leicht zugänglich für diese Altersgrup­pe, die sich in einer besonders aufnahmefä­higen Phase befindet. Die Nutzung von Touchscree­ns durch kleine Kinder hat in den letzten Jahren rapide zugenommen.

Vor vier Wochen haben englische und schwedisch­e Wissenscha­ftler eine Verlaufsst­udie über die Auswirkung­en

Prof. Dr. Christoph Korenke Klinikdire­ktor am Elisabeth-Kinderkran­kenhaus Oldenburg und Ärztlicher Direktor des Klinikums Oldenburg

häufiger Touchscree­n-Nutzung bei Kleinkinde­rn in der Zeitschrif­t Nature veröffentl­icht. Die englischsp­rachige Fachzeitsc­hrift Nature ist eine der weltweit angesehens­ten Zeitschrif­ten für Naturwisse­nschaften. Die Forscher um Professor Tim Smith vom Birkbeck Center for Brain and Cognitive Developmen­t der Universitä­t London testeten die Aufmerksam­keit von 38 Kindern jeweils im Alter von 12, 18 und 42 Monaten im Verlauf.

Die Kinder waren über den ganzen Untersuchu­ngszeitrau­m stabil entweder hohe oder niedrige Touchscree­n-Benutzer. Als „High User“, also „Viel-Nutzer“der Touchscree­n-Geräte, klassifizi­erten die Forscher Kinder, die täglich zehn Minuten oder länger mit den Geräten beschäftig­t waren. Entspreche­nd nutzten „Low User“, also „Wenig-Nutzer“, einen Touchscree­n kürzer als zehn Minuten täglich. Bei jeder Untersuchu­ng sollten die Kinder Computerau­fgaben lösen, während ein Eyetracker ihre Augenbeweg­ungen verfolgte, um ihre Aufmerksam­keit zu messen. Während die Kinder mit den Aufgaben beschäftig­t waren, erschienen Objekte an verschiede­nen Bildschirm­positionen. Die Wissenscha­ftler maßen dabei, wie schnell Kleinkinde­r die Objekte betrachtet­en und wie gut sie ablenkende Objekte ignorieren konnten.

Kinder, deren Eltern angaben, dass sie viel mit Touchscree­n-Geräten spielten, sahen sich bei Computerau­fgaben schneller neue Objekte in ihrem Sichtfeld an, als ihre Altersgeno­ssen, die weniger oder gar keine Touchscree­ns benutzten. In ähnlicher Weise konnten „Viel-Nutzer“Ablenkunge­n während der Experiment­e weniger ausblenden als ihre Altersgeno­ssen und waren demnach leichter ablenkbar. Die Aufmerksam­keitskontr­olle spielt eine entscheide­nde Rolle, um wichtige Informatio­nen in der Umgebung zu erkennen und darauf reagieren zu können, aber auch um Unwichtige­s zu ignorieren. Diese Fertigkeit wirkt sich auf die Fähigkeit eines Menschen aus, das Verhalten an die Umwelt anzupassen.

Die ersten Lebensjahr­e sind für Kinder von entscheide­nder Bedeutung, um zu lernen, wie sie ihre Aufmerksam­keit kontrollie­ren und Ablenkung ignorieren können. Dies sind früh erworbene Fähigkeite­n, die beeinfluss­en, wie erfolgreic­h jemand in der Schule und im berufliche­n Werdegang sein wird. In den ersten Lebensjahr­en erworbene Verhaltens­weisen können sich wesentlich auf spätere Bildungsmö­glichkeite­n auswirken.

Weitere Informatio­nen unter https://www.kinderaerz­te-imnetz.de

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