Nordwest-Zeitung

250 000 Euro Provision kassiert

CDU-Politiker Löbel tritt aus Fraktion aus – Sofortiger Rückzug aus Bundestag abgelehnt

- Von Carsten Hoffmann Und Michael Brehme

Berlin/Stuttgart – Die Affären um Profite von Bundestags­abgeordnet­en bei der Beschaffun­g von Corona-Masken setzen die Union unter Druck. Nach dem bereits angekündig­ten Rückzug des bisherigen Fraktionsv­izechefs Georg Nüßlein (CSU) beendete am Sonntag auch der CDU-Parlamenta­rier Nikolas Löbel vorerst seine politische Karriere.

Der 34-Jährige kündigte an, sein Mandat Ende August niederzule­gen und nicht mehr für den nächsten Bundestag zu kandidiere­n. Zugleich werde er seine Mitgliedsc­haft in der CDU/CSU-Bundestags­fraktion sofort beenden. Löbel gestand ein, die Ansprüche an seine Ämter verletzt zu haben.

Verteidigu­ngsministe­rin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) und weitere Unionspoli­tiker forderten umgehend weitergehe­nde Entscheidu­ngen. „Löbel und Nüßlein müssen vollständi­g zurücktret­en und ihre Mandate im Bundestag umgehend niederlege­n“, forderte sie. Auch CDU-Chef Armin Laschet und der Vorsitzend­e der Unionsfrak­tion, Ralph Brinkhaus, verlangten den sofortigen Rückzug. Brinkhaus räumte aber ein, dass der Fraktion in dieser Frage die Hände gebunden seien. „Wir haben eine Handhabe, wer Mitglied in der Fraktion ist, wir haben keine Handhabe, wer Mitglied im Deutschen Bundestag ist“, sagte er.

Löbel hatte am Freitag eine Beteiligun­g an umstritten­en Geschäften mit CoronaSchu­tzmasken eingeräumt. Löbels Firma kassierte demnach Provisione­n von rund 250 000 Euro, weil sie Kaufverträ­ge über Masken zwischen einem baden-württember­gischen Lieferante­n und zwei Firmen in Heidelberg und Mannheim vermittelt hatte.

Löbel hatte sich in einem ersten Schritt nur aus dem Auswärtige­n Ausschuss des Bundestags zurückgezo­gen. Das reichte Kritikern nicht.

Der Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag, Dietmar Bartsch, kritisiert­e, dass Löbel sein Bundestags­mandat erst zu Ende August aufgibt. „Erst in sechs Monaten das Bundestags­mandat niederzule­gen, hat offensicht­lich mit Pensionsan­sprüchen zu tun“, schrieb er auf Twitter. Die Altersents­chädigung für Bundestags­abgeordnet­e erhöht sich mit jedem Jahr der Mitgliedsc­haft

um 2,5 Prozent der monatliche­n Abgeordnet­enentschäd­igung (derzeit 10083,47 Euro), das wären 252 Euro. Das neue Parlament wird im September gewählt.

Vor Löbel hatte in der Masken-Affäre der bisherige VizeUnions-Fraktionsv­orsitzende Nüßlein im Fokus gestanden. Gegen den CSU-Politiker wird wegen des Anfangsver­dachts der Bestechlic­hkeit im Zusammenha­ng mit dem Ankauf von Masken ermittelt.

Am Sonntagabe­nd ließ Nüßlein über seinen Anwalt erklären: „Die öffentlich­e Vorverurte­ilung

meiner Person hat ein Maß erreicht, das für mich, aber vor allem auch für meine Partei unerträgli­ch ist.“Um jeglichen Nachteil von seiner Partei abzuwenden, sei er mit sofortiger Wirkung aus der Fraktion ausgetrete­n. Gleichwohl wolle er sein Mandat bis zum Ende der Wahlperiod­e behalten. „Dies verbinde ich mit der Erwartung, dass der derzeit gegen mich gerichtete Anfangsver­dacht strafbarer Handlungen noch während meiner Zugehörigk­eit zum Deutschen Bundestag widerlegt werden wird.“

Gegen Georg Nüßlein (CSU) wird ermittelt.

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Dpa-BILD: Carstensen Der CDU-Politiker Nikolas Löbel zog auch den Zorn zahlreiche­r Parteifreu­nde auf sich.
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Dpa-BILD: Nietfeld

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